Über Luxemburg, Frankreich, Spanien, Portugal, Marokko in die Westsahara.

Los geht es über Luxemburg nach Frankreich.

 

Endlich sind wir gestartet, am 30.10.2018, 10 Uhr, ging es los. Von Hattersheim geht es zunächst zur Metzgerei  Sutter nach Ingelheim. Wir sind begeistert von dem umfangreichen Angebot und decken uns über Kartoffelsuppe, Grillwurst, Steaks und Braten so gut wie möglich ein. Das Vakuumieren wollen wir erst am heutigen Stellplatz gegen Abend übernehmen. Also alles in die Kühltasche (ein kühles Plätzchen außerhalb des Kühlschrankes findet sich im WoMo problemlos) und weiter fahren, denn zuerst sollen Kilometer gemacht werden.

 

Das Wetter ist – wie angekündigt – regnerisch und windig und als wir auf der Hunsrückhöhenstraße entlangfahren, geraten wir auch in den einen oder anderen Schnee“sturm“. Teilweise ist der Boden leicht mit Schnee bedeckt, manchmal auch nur die Äste der Tannen, an denen es vorbei geht. In Luxemburg in Wasserbillig angekommen, wechselt der Schnee wieder in Regen. Auch der Wind bleibt. Bei Wolter in Wasserbillig wird kräftig Diesel aufgetankt; heute steht der Liter bei 1,167 €. Gerhard deckt sich noch mit Zigaretten und Kaffee ein. Für die große Tankrechnung erhalten wir ein Päckchen Kaffee gratis und zusätzlich ist ein Kakao für mich und ein Kaffee für Gerhard „im Preis mit drin“.

 

Auf dem Weg nach Verdun geraten wir auf der Autobahn in einen größeren Stau, der aber nur der Rush hour geschuldet ist. Da das ewige Anfahren und Abbremsen nervt, nehmen wir die nächste Abfahrt. Über Bettembourg fahren wir nach Hunchefrance, wo unsere erste Übernachtung sein soll. Wir halten auf einem netten Parkplatz seitlich an der Dorfgrenze. Gerhard dreht mit Ashley eine Runde, ich kümmere mich ums Essen. Danach geht es ans Vakuumieren. Das klappt besser, als ich mir das vorgestellt hatte. Innerhalb von zwanzig Minuten sind wir fertig und haben 26 Portionen verstaut. Der Fernseher findet mehrere Sender, und wir stellen fest, dass luxemburgerisch eine Mischung zwischen deutsch, holländisch und Schwyzer Dütsch sein muss. Aber die Bilder des Wetterberichtes sprechen eine deutliche Sprache und für heute Nacht ist Frost angesagt (-1° C). Der Wind bläst kräftig und rüttelt an

unserem WoMo. Aber es ist standfest und gegen 22 Uhr geht innen das Licht aus.

 

Der nächste Morgen zeigt, dass die Wetterfrösche am Vorabend recht hatten. Der Boden ist leicht gefroren, überall ist Rauhreif. Auf dem Morgenspaziergang mit Ashley kommen wir an sehr schreckhaften Kühen, einigen Schafen und einer Herde Ponys/Kleinpferden vorbei. Ashley ist  ganz begeistert von den fortlaufend sich verändernden neuen Gerüchen. Für sie ist alles super spannend! Gerhard hat das Frühstück fertig, als ich mit Ashley zurück bin und so sind wir bald fertig und können gegen 10 Uhr losfahren.

 

Erstes Zwischenziel heute ist Verdun. Rund um die Stadt befinden sich überall Hinweisschilder zu Schlachtfeldern, die besucht werden können. Auch Friedhöfe gibt es zuhauf, alle nach Nationen geordnet. Es ist schon grausam, was ein Krieg so alles anrichten kann! Da meine Kamera nach neuen Batterien lechzt und ich keine mitgenommen habe, können wir leider keine Fotos rund um Verdun liefern. Gerhard erinnert sich, dass es an der Kasse bei Lidl immer Batterien gibt (zumindest in Deutschland). Also wird der nächste Lidl angesteuert. Das gestaltet sich allerdings als schwierig. Wir finden zwar mehrfach Lidl-Hinweisschilder, aber die sind eher allgemein gehalten (in < als 1 Min. sind Sie da! [aAs Fußgänger? Als Radfahrer? Mit dem Auto???), und daher nicht wirklich aussagekräftig. Wir fahren und fahren, mittlerweile sind schon mehr als zehn Minuten vergangen und kein Lidl weit und breit.

 

Da sind die Hinweisschilder der „Marché“-Gruppe sehr viel aussagefähiger. Oben der Hinweis, um

welchen Markt es sich handelt (Super-, Inter-, Hyper-) und darunter ein Pfeil, ob rechts, links oder geradeaus mit einer genauen Entfernungsangabe, z. B. 250 m. Diese Angaben sind, aus unserer

Erfahrung heraus, immer verlässlich.

 

Halt! Dort rechts ist ein Lidl! Ganz ohne Hinweisschild, aber dafür sehr real. Unter anderem wollen wir Brot kaufen, also nichts wie raus. Das Brot ist gleich gefunden, in Frankreich hat Lidl auch Backstationen. Allerdings kein Brotschneidegerät, aber wir haben ja ein Brotmesser an Bord. Und wie sieht es mit den Batterien aus? An der Kasse findet Gerhard sofort AAA-Batterien. Dumm nur, dass für meinen Foto AA-Batterien benötigt werden, die gerade bei diesem Lidl aus sind. Zurück im WoMo findet Gerhard noch AA-Akkus. Also sollten künftige Fotos kein Problem mehr sein.

 

Zu unserem Glück fehlt uns jetzt nur noch eine Versorgungsstelle für WoMos – das Wasser wird langsam knapp. Kurz hinter Clérmont finden wir ein Hinweisschild und nach einigem Rauf und Runter im Wald auch die Versorgungsstation. Nebenan befindet sich auch ein Stellplatz, aber es ist für uns noch zu früh zum Stehenbleiben. Wir fahren zu  unserem Ausgangspunkt zurück und nehmen die Route Richtung Sézanne wieder auf. Der Weg führt uns durch dörflich-ländliches Gebiet, überall Schilder, dass wir beim Bauern Kartoffeln oder Eier kaufen können.

 

Leider regnet es heute den ganzen Tag hindurch und auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht geraten wir auf einen Ausläufer der „Route touristique de Champagne“ - allerdings ohne alkoholische Folgen, da wir beide nicht auf Champagner stehen. Etwa 8 km von Sézanne entfernt, mit Blick auf die Weinberge, findet Gerhard unseren heutigen Übernachtungsplatz.

 

Die Nacht im Feld war sehr erholsam und ohne Störung. Während die Zuckerrübenernte in vollem Gang ist, sitzen wir gemütlich am Frühstückstisch. Heute ist Feiertag, aber die Bauern scheint das nicht zu stören. Sie wollen ihre Arbeit verrichten, so lange das Wetter mitspielt. Und das ist heute super, zumindest der Horizont in unserer Fahrtrichtung ist blau, auch wenn direkt über uns noch graue

Wolken hängen.

 

Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Der allgegenwärtige Lehmboden scheint den Trauben zu bekommen, denn überall befinden sich Weinberge. Zwischendurch kommen wir noch einmal in Starkregen, aber bei der Ankunft an unserem heutigen Zielpunkt, dem Schloss Chambord, zeigt sich das Wetter „wolkig, mit Aufheiterungen“, wie es der Kommentator im Fernseh-Wetterbericht nennen würde. Der Tarif des WoMo-Stellplatzes beim Schloss weist einen Tarif von 4 € für die Nacht aus. Obwohl wir lieber frei stehen, wollen wir bei diesem Preis nach dem Schlossbesuch nicht mehr weiter fahren, das ist einfach zu günstig!

 

Wir laufen in Richtung Informationsgebäude, in dem auch die Kassen untergebracht sind. Dort trifft uns fast der Schlag! Die Leute stehen in Schlangen, um eine Eintrittskarte zu bekommen. Auf meine Nachfrage am Informationsschalter erhalte ich außerdem die Auskunft, dass Hunde nur in den Gärten erlaubt sind. In die Gebäude darf Ashley nicht mit, auch wenn sie nicht mehr bewohnt sind. Der Eintrittspreis liegt bei 28 € pro Person (Schloss + Gärten). Aufgrund der langen Warteschlangen und der Größe des Schlosses entschließen wir uns, nicht an einer Führung teilzunehmen. Wir gehen mit Ashley in den frei zugänglichen Teilen des Schlossgartens spazieren. Eine Polizistin trainiert gerade ihr Pferd an der Longe und zwar direkt auf dem Rasen vor dem Haupteingang. Wir bewundern ihr tolles Pferd und kommen in ein kurzes Gespräch. Danach besichtigen wir noch die Schlosskirche (nacheinander, da auch hier Hundeverbot ist!), die hübsche Buntglasfenster hat. Das Abendessen nehmen wir mit Blick auf das Schloss ein.

 

Der nächste Morgen beginnt mit einem kleinen Schock. Beim Hundespaziergang will Gerhard das Stellplatzticket bezahlen und bekommt von dem Automat eine Rechnung über 11 € präsentiert. Die

an der Parksäule dargestellten 4 € beziehen sich nur auf die ersten Stunden (wer lesen kann, ist klar im Vorteil und vor allen Dingen sollte man nicht mittendrin aufhören, sondern bis zum Ende lesen!). Mit dem bezahlten Ticket fahren wir zum Ausgang. Leider öffnet sich die Schranke bei Gerhards Bemühungen nicht. Also steige ich aus dem Steyr, begebe mich zur Parksäule, Gerhard fährt den Steyr bis unmittelbar vor die Schranke und siehe da – schon funktioniert‘s. Für eine Person ist die Ausfahrt bei diesem Schloss allerdings nicht machbar, es müssen mindestens zwei sein …

 

Auf der Straße begegnet uns kurz darauf eine Gruppe mit Oldtimer-Fahrzeugen, die den Feiertag nutzen, um eine Ausfahrt zu machen. Den Abschluss bildet ein VW-Bus, der so schwer beladen ist,

dass die Hinterachse fasst aufsitzt. Die Truppe hat wahrscheinlich mehrere Kästen Bier gebunkert, um den Ausflug richtig genießen zu können.

 

Das nächste, von mir im Internet ausgesuchte, Schloss mit dem Namen Cheverny, ist nicht in unserem Navi enthalten, aber es befinden sich viele Hinweisschilder zu diesem Schloss rund um Chambord. Also

versuchen wir, Cheverny anhand der Ausschilderung zu finden. Als wir nach längerer Fahrtzeit kein Schild mehr entdecken, geben wir die Suche auf. Wir nehmen eins, das nicht auf meiner Liste steht, aber

dafür in der Nähe ist. Später stellen wir fest, dass die Hinweisschilder nur aufgestellt werden, wenn ein Richtungswechsel erforderlich ist. So lange es geradeaus geht, wird kein weiteres Schild aufgestellt – egal um wie viele Kilometer es sich handelt.

 

Das neu gefundene Schloss heißt Villesavin und hat ein wunderschönes, schmiedeeisernes Eingangstor, das in einen großen Garten führt. Der Steyr passt gerade so durch (ca. 10 cm auf jeder Seite) und wir

fahren die Promenade entlang Richtung Schloss. Nach ca. 200 m kommen wir an eine Schranke, die von einer jungen Frau bedient wird. Sie macht uns darauf aufmerksam, dass in zehn Minuten eine Führung

beginnt, an der wir noch teilnehmen können. Ashley darf auch hier nur in den Garten. Ins Schloss darf sie nur, wenn wir sie auf den Arm nehmen. Da sie aus unserer Sicht dafür etwas zu schwer ist,

beschließen wir, Ashley erst nach der Schlossführung zu holen, damit sie an der Gartenführung teilnehmen kann. Die Führung ist ausschließlich auf französisch und die Dame spricht sehr schnell.

Meine Französisch-Kenntnisse sind damit total überfordert, aber uns wurden einige Seiten einer deutschen Übersetzung der Führung ausgehändigt, so dass wir einigermaßen folgen können. Unsere

Gruppe besteht aus nur zehn Personen, wobei die anderen acht Franzosen sind und demzufolge keine Probleme haben, die Erläuterungen unserer Führerin zu verstehen. Unter anderem erzählt sie, dass

Villesavin jährlich eine Besucheranzahl von nur zwanzigtausend aufweist, während Chambord von rund einer Million besucht wird.

 

Beeindruckend ist, dass das Schloss bereits eine Heizung besitzt, die teilweise unter dem Fußboden entlang geführt wird, um auch den Boden zu heizen. Ebenfalls sind Türen, die sich von selbst schließen, schon vorhanden. Der große Grill in der Garküche konnte auf eine Garzeit von bis zu sechs Stunden eingestellt werden und lief mechanisch ab. Die Treppenaufgänge sind alle sehr breit, also durchaus Lifta-geeignet. Die Wände in den Wohn- und Schlafzimmern sind mit Stoff bezogen und machen einen sehr wohnlichen Eindruck. Trotzdem ist es in dem Gemäuer, das heutzutage nicht mehr bewohnt und daher auch nicht beheizt ist, höllisch kalt. Wir sind froh, als die „Innenführung“ nach einer guten Dreiviertelstunde beendet ist und wir wieder ins Freie gehen können, wo die Sonne scheint.

 

Als wir Ashley aus dem Auto holen wollen, stellen wir fest, dass unser Parkplatznachbar mit seinem Auto so nah an unser WoMo herangefahren ist, dass wir die Treppe nicht mehr ausziehen können und Ashley nicht aussteigen kann. Der Mann ist in den weitläufigen Gärten unterwegs, und wir haben keine Chance, ihn vor dem Beginn unserer „Außenführung“ zu finden. Um Ashley einen Gefallen zu tun,

verzichten wir auf die Gartenführung und starten zum nächsten Schloss. Dabei treffen wir wieder auf ein Hinweisschild von Schloss Cheverny, das wir zuvor nicht gefunden hatten. Dieses Mal gibt es keine Probleme, aber die Parkplätze dort sind so voll, dass wir nach einem kurzen Foto aus dem LKW das nächste Schloss ansteuern. De Blos und Amboise/Clos-Lucé sind ebenfalls nicht im Navi, weshalb wir von einem Besuch absehen.

 

Das nächste Schloss auf der Liste ist Chenonceau. Auch hier ist der Ansturm erdrückend. Als wir feststellen, dass dieses Schloss keine Möglichkeit bietet, wenigstens die umliegenden Gärten zu erkunden, ohne ein Ticket von 18 € kaufen zu müssen, fahren wir weiter. Der Preis von 36 € ist uns zu hoch, da wir lediglich ein paar Außenaufnahmen des Schlosses und Teile der Gärten fotografiert

hätten, auch wenn der Parkplatz hier umsonst war. Weiter geht die Fahrt in Richtung Tours. Das nächste Schloss ist Villandry. In unmittelbarer Umgebung des Schlosses gibt es jedoch keine

Parkplätze für Wohnmobile. Als wir dem Parkplatz-Schild für Wohnmobile folgen, kommen wir zu einem schön gelegenen Stellplatz.

 

Bei der Einfahrt kommt es zu Problemen. Die Kreditkarte des Engländers, der vor uns „einchecken“ will, wird von der Parksäule nicht akzeptiert. Ich helfe mit meiner Kreditkarte aus, und er gibt mir das Geld für den Stellplatz in bar. Als wir einchecken wollen, funktioniert die gerade erstandene „Campingkarte“ nicht. Zwei Mitarbeiter der Stadt, die gerade den Müll abholen wollen, unterstützen uns und telefonieren mit der Betreiberfirma des Stellplatzes. Mit vereinten deutsch-französisch-englischen Kräften gelingt es, die Schranken zum Öffnen zu bewegen. Hoffentlich lassen uns die Schranken Morgen auch wieder raus ... 

Durch Frankreich und Andorra nach Spanien. 

 

Nach einer sehr ruhigen Nacht, einem Wasser-Update und Abwasser-Ablass näherten wir uns vorsichtig der Ausfahrt. Vorsichtshalber ging ich zu Fuß, um bei Problemen gleich in unmittelbarer Nähe der Parksäule zu sein und ggf. Hinweise zu lesen. Und ein Wunder - die Karte funktionierte beim ersten Versuch! Kein Vergleich mit den gestrigen Bemühungen, in die Anlage zu kommen. Herauszukommen ist um Vieles einfacher!

 

Als nächstes steht die Burg in Chinon auf dem Programm. Ich wollte sie mir nicht entgehen lassen, denn ich hatte schon viel von ihr gehört. Chinon ist die französische Partnerstadt meiner Heimatstadt

Hofheim/Ts. . Die Anfahrt gestaltet sich etwas schwierig, die Hinweisschilder an der Stadtgrenze weisen darauf hin, dass Fahrzeuge über 5,5 t in Teilen des Stadtgebietes nicht zulässig sind. Gerhard legt die Vorschriften großzügig aus und meint, das gelte nur für LKWs. Busse mit Touristen müssten auch zur Burg fahren und die seien ebenfalls schwerer als 5,5 t. Mit nervig piepsendem Navi, dass uns permanent darauf aufmerksam macht, dass wir „verbotenes Gebiet“ befahren, erreichen wir die Parkplätze an der Burg. Gerhard hat vollkommen recht: Hier sind Bus-Parkplätze, auch wenn heute noch kein Bus da ist.

 

Wir steigen aus und marschieren zu dritt wohlgemut in Richtung Burg. Komischerweise sind die Bus- und Wohnmobilparkplätze immer am weitesten von der Sehenswürdigkeit entfernt. Ein Umstand, der mir früher nie aufgefallen ist, als ich noch mit dem „normalen“ Auto unterwegs war. Der Empfang an der Kasse ist außerordentlich freundlich. Die Dame entschuldigt sich dafür, dass sie kein Deutsch spricht und zwar in perfektem Englisch. Kein Problem, wir sind froh, dass sie Englisch redet, denn mein Französisch ist – wie ich gestern bei der Führung in Schloss Villesavin feststellen konnte – mittlerweile sehr lückenhaft.

 

Die Burg liegt wunderschön am Hang mit einem guten Überblick über die Stadt. Im Garten gibt es überall kostenlose „Drei-Beiner“, von denen in der Führung vor uns reger Gebrauch gemacht wurde. Als wir ankommen gibt es gerade keine Führung, was aber nicht weiter schlimm ist, denn im  Besich-tigungsheft ist ein Chip angebracht, der auf Wunsch bei den einzelnen Sehenswürdigkeiten ein Audio-Band auslöst. So ist es also möglich, die Burg auch im Alleingang zu erkunden. Die einzelnen Gemäuer (Türme und königliche Gemächer) sind liebevoll restauriert. Ashley hat sich besonders für den

„Hundeturm“ interessiert, in dem früher ihre Artgenossen untergebracht waren. Überall im Garten-bereich ist das Picknicken erlaubt.

 

Bekannt wurde die Burg Chinon, weil hier das erste Treffen zwischen Jeanne d‘Arc und König Karl VII stattfand. Heute gleichen die Gebäude jedoch mehr einem Museum als einer Burg. In den einzelnen Räumen sind z.B. Waffen des 100-jährigen Krieges (Armbrüste waren eine sehr gängige Waffe zum damaligen Zeitpunkt) oder eine Kollektion von Jeanne d‘Arc-Darstellungen ausgestellt. Das Schlaf-zimmer des Königs ist nur spärlich möbliert. Auffällig ist das Bett, das so hoch ist, dass er mindestens einen Hexenschuss hatte, wenn er nachts unversehens aus dem Bett fiel. Allerdings hatte er schon ein „en suite-Schlafzimmer“: Bad und Latrine waren eng mit seinem Schlafzimmer verbunden. Alles in allem lohnt sich ein Besuch der Burg auf jeden Fall!

 

Beim Frühstück haben wir bereits entschieden, die restlichen Schlösser meiner Liste nicht mehr zu besuchen und die verbliebene Zeit lieber für den Besuch der Naturparks in Portugal zu nutzen, die noch auf unserem Programm stehen. Für Ashley ist das bestimmt eine gute Wahl. Nach den neuesten Er-fahrungen mit der Gewichtsbeschränkung für Fahrzeuge in der Innenstadt bestärkt das unseren Be-schluss zusätzlich. Zumal das Navi beim Rausfahren aus der Stadt erneut lautstark protestiert …

 

Die Nacht verbringen wir auf dem Parkplatz eines idyllisch gelegenen Friedhofs bei „Les Maisons Rouges“, nahe der N10. Er ist ausgesprochen hübsch angelegt; alle Gräber sind liebevoll mit

bunten Blumenschalen geschmückt (Foto folgt). Bei der Weiterreise am nächsten Tag stellen wir fest, dass die Schlösser immer kleiner werden, je mehr wir uns von der Loire entfernen (auch hierzu gibt es bald ein Foto von dem Schloss bei „Les Pascauds“ an der D 709). Die Gegend rund um die Dordogne hat uns auf unserem bisherigem Trip am besten gefallen: saftige Wiesen, überschaubare Wäldchen, riesige Felder, schnurgerade aufgestellte Rebstöcke, kleine Bäche, schöne Picknickplätze. Und das Wetter ist auch traumhaft; blauer Himmel, kleine Schäfchenwolken und 15° C. Das Leben ist schön!

 

Wir schlafen in Layrac, südlich von Bergerac, auf einem WoMo-Stellplatz in der Nähe des Marktplatzes und einer Sportstätte. Es gibt zwei ortsansässige Bäcker, wobei einer der beiden wegen Ruhetag aus-fällt. Gerhard bringt vom Morgenspaziergang mit Ashley frisches Weißbrot mit. Es ist bereits in Scheiben geschnitten, was wir bei der Fahrt mit dem WoMo präferieren. Brötchen gab es leider keine. Nachdem

wir noch einmal Wasser getankt haben, geht die Fahrt über die D7 weiter Richtung Süden. Vier Rehe, die sich durch den Steyr beim Äsen erschreckt haben, springen hastig von den Feldern zum Waldrand, um

hinter den Bäumen zu verschwinden. Vorbei an Kirchtürmen (jeder Ort besitzt eine Kirche, egal wie viele Häuser es gibt, kleinen Schlössern und Bauernläden, die ihre Produkte direkt vermarkten. Vorwiegend werden aktuell Melonen, Knoblauch, foie gras und Honig angeboten. Das Städtchen Cologne an der

D 654 hat einen sehr schönen Marktplatz mit einem überdachten Innengang und eine hübsche,

romanische Kirche. Ein Aufenthalt hier lohnt sich!

 

Am frühen Nachmittag kommt extrem starker Wind auf. In Auterive machen wir einen Abstecher zum dortigen Carrefour, um uns ein gegrilltes Hähnchen zu holen. Leider sind wir zu spät (kurz nach 14 Uhr); die „warme Theke“ hat bereits geschlossen. Also gibt es einen Eintopf aus der Dose, der schnell auf dem Tisch steht. Im ebenfalls auf dem Areal befindlichen Baumarkt wollen wir uns noch mit Kleinigkeiten

eindecken (z. B. Duschabzieher, Gießkanne). Da es sich nur um einen kleinen Baumarkt handelt, ist das Sortiment nicht besonders umfangreich, so dass wir nicht alle Artikel unserer Liste bekommen. Aber dafür ist die Kassiererin besonders nett und versucht sogar, sich mit uns in Deutsch ein wenig zu un-terhalten. Unser Nachtplatz befindet sich heute in einem Industriegebiet an der D 820, in der Nähe von Mazères. Wir parken auf einer Wiese zwischen abgestellten LKW-Hängern. Nicht sonderlich idyllisch, dafür aber ruhig. Nachdem sich der Wind beruhigt hat, kommt es ab und zu einem kleinen Regen-schauer.

 

Um halb zehn am nächsten Morgen sind wir wieder auf der Piste. Heute ist der 7. Tag unserer Reise und es geht nach Andorra zum Tanken. Schon nach kurzer Zeit sehen wir die schneebedeckten Gipfel der

Kleinen Pyrenäen, die wir gestern aufgrund der Wolken nicht erkennen konnten. Wir sind in der Ariège und die Straße ist gesäumt von Kieswerken. Wir nähern uns dem Pass, der nach Andorra führt. Gerhard will nicht den Tunnel nutzen, sondern die Passstraße fahren. Relativ früh sind Teile der Straßenseiten schon mit Schnee bedeckt. Vor nicht allzu langer Zeit war hier bestimmt eine geschlossene Schnee-decke. Kurze Zeit später liegt ein Peugeot nahe des Abgrunds auf dem Dach; aufgehalten von ein paar zusammen stehenden Bäumen. Da das Auto bisher noch nicht geborgen wurde, ist der Unfall wahr-scheinlich noch nicht allzu lange her.

 

Die Temperaturen sind bei etwa 4° C und überall liegt Schnee. Wir treffen auf einen Radfahrer, der jedoch auf dieser Höhe (ca. 1.850 m) bereits abgestiegen ist und sein Rad schiebt. Er kämpft sich

mühsam aufwärts. Nachdem der Steyr bei Stefan war und die Leistung gesteigert wurde, meistert er (der Steyr) jetzt die Steigungen in einem angenehmen Tempo. In ??? de Casa angekommen, suchen wir gleich eine Tankstelle auf. Der Tankwart ist sehr hilfsbereit und geduldig, schließlich müssen zwei Tanks gefüllt werden.

 

Wir fahren weiter zum Col de Puymorens, einem Pass, der 2.408 m hoch ist. Oben angekommen kehren wir im „Refugio Fra Miguel“ ein und stärken uns mit einem Sandwich. Gerhard hat sich für die Variante

„French Omelette“, ich für die Variante „Tuna“ entschieden. Als der Kellner die Speisen zum Tisch bringt, wollen wir unseren Augen nicht trauen. Jeder erhält ein halbes Baguette (die rustikale Baguette-Form, die etwas breiter ist, pro Sandwich etwa 40 cm lang), dick belegt mit Rührei bzw. Thunfisch. Für alles zusammen bezahlen wir inklusive zweier Cola Zero von 0,35 l nur 16,00 €. Wir sind pappesatt und machen uns an die Abfahrt Richtung Soldeu. Die ganze Landschaft in Andorra ist geprägt von Hotels, Appartementhäusern und Skiliften. In den Ortschaften sind keine Bungalows oder Einfamilienhäuser zu entdecken. Leben hier überhaupt Einheimische?

 

Die Stadt Andorra de la Vieille ist aus unserer Sicht eine einzige Katastrophe. Gerhard hat innerorts eine Straße für Autos ab 3,5 t verpasst. Wir landen mitten in einem Wirrwarr von engen Gässchen, Einbahn-straßen und überfüllten Parkplätzen. Das Navi piept und nervt uns mit dem Hinweis, dass wir uns in „verbotenem Terrain“ befinden. Eine Polizistin sieht ein, dass wir nicht wenden können und weist uns eine Richtung, in die wir fahren sollen. Gott sei Dank kommen wir nach etwas 200 m wieder auf eine Straße, die den Dimensionen des Steyrs entspricht. Trotzdem zieht sich die Fahrt durch den Ort noch ca. zehn Minuten hin, bis wir das Ortsende-Schild entdecken. Nach weiteren rd. 10 km sind wir in Spanien, Boden und Wald sind wieder grün und es geht immer noch bergab.

 

Unser nächstes Ziel, Gerri de la Sal, scheint jedoch wieder in den Bergen zu liegen, denn schon bald geht es erneut in Serpentinen nach oben. Da es auf 16 Uhr zugeht, ist es an der Zeit, einen Schlafplatz zu suchen. Wir finden ihn oberhalb der Wolken, auf der Abfahrt von einem Berg, umgeben von Wäldern und einem Picknickplatz, den wir aber wegen der herrschenden Außentemperaturen (5° C) nicht nutzen

wollen. Die Nacht ist erwartungsgemäß ruhig. Es fahren nur wenige Fahrzeuge an uns vorbei, die jedoch nicht stören.

 

Am nächsten Morgen geht es in Richtung Gerri de la Sal. Als wir ankommen sind wir überrascht. Offen-bar handelt es sich um eine Separatistenhochburg. An vielen Häusern bzw. Balkonen sind Separatis-tenfahnen gehisst. Nachdem wir die Stadt durchfahren haben, geht es über einer längere Wegstrecke durch mehrere Tunnel und zum Schluss kommen wir bei ca. 500 m Höhe auf einer Ebene an, die sich

ganz schön hinzieht. Rechts und links sind beeindruckende Felsformationen, entstanden aus errodiertem Sandstein. Sie erinnern uns ein wenig an unseren Urlaub in den USA, in dem wir auch viele dieser Sand-steinformationen gesehen haben. Bei der Weiterfahrt bemerken wir, dass wir das Separatistengebiet noch nicht verlassen haben. In La Pobla de Segur hängen die gelben Schleifen der Separatisten an jeder Straßenlaterne.

 

Über kurze, spitze Kehren schrauben wir uns wieder hoch bis zum Port de la Creu de Perves, in 1.335 m Höhe. Auf dem Weg nach oben leuchten die Laubbäume links und rechts in allen Herbstfarben. Indian Summer in Spanien! Auf dem Viu de Llevata haben wir Fotos gemacht, die spätestens nach unserer Rückkehr eingestellt werden. Danach geht es wieder bergab. Die steilen Spitzkehren führen an Kühen und Schafen vorbei, die noch auf der Weide stehen. Zwei Kühe sind ausgerissen und befinden sich rechts von uns im Straßengraben. Sie grasen friedlich und werden hoffentlich von ihrem Besitzer entdeckt, ehe sie einen Unfall verursachen.

 

Nun geht es wieder nach oben bis weit über die Schneegrenze hinaus. Rechts und links wieder geschlos-sene Schneedecke bis zu geschätzt 50 cm Höhe. Nachdem wir einen Tunnel von 5,2 km Länge passiert haben und auf der Fahrt 200 m Höhenunterschied überwunden haben, ist bei der Tunnelausfahrt jeg-licher Schnee verschwunden. Zunächst fahren wir durch Wiesen, dann kommen wieder Laubbäume in rot, braun, grün und gelb. Kurz darauf passieren wir die Grenze von Spanien nach Frankreich. Das war zwar so nicht geplant, aber uns ist entgangen, dass die Straßenführung des Navis von der D 280 zur

D 230 wechselte. Dumm gelaufen! Also geht es erneut über Frankreichs Straßen weiter in Richtung Atlantik. Die Nacht verbringen wir auf dem planierten Parkplatz eines im Bau befindlichen Baumarktes, in Sichtnähe der Straße. Erstaunlicherweise ist es sehr ruhig, und wir schlafen gut. Nachts regnet es hin und wieder, aber die Güsse sind nur von kurzer Dauer.

 

Der nächste Tag (Do., 08.11.) beginnt grau in grau. Am Horizont, bei den Pyrenäen, ist blauer Himmel erkennbar, aber nicht vor Ort bei uns. Kurz nach dem Start biegen wir versehentlich falsch ab und landen auf der kostenpflichtigen Autobahn. Es gibt keine Möglichkeit, mit dem Steyr zurückzufahren und zu drehen, also müssen wir in den sauren Apfel beißen und weiterfahren. Die nächste Ausfahrt gehört aber schon wieder uns und siehe da – es wird für die Strecke (ca. 14 km) keine Gebühr erhoben! Wir können mit unserem Ticket ohne Geldeinwurf ausfahren. Die Schranke öffnete sich sofort, nachdem

Gerhard es in den Schlitz gesteckt hatte. Das Tagesfeeling bessert sich langsam …

 

Unsere heutige Straße trägt die Nummer D 817. Die Durchfahrt von Tarbes erweist sich als ziemlich tricky. Mehrmals müssen wir die Straßennummern wechseln, lediglich das „D“ bleibt bestehen. Es geht teilweise durch die Innenstadt, die für unseren Steyr sehr eng ist, aber der Weg führt auch durch Wohn-siedlungen am Stadtrand und Industriegebiete. Endlich geschafft; wir sind wieder auf der D 817. Pau lässt sich dagegen gut umfahren. Die Straßenführung für die D 817 ist optimal beschildert, so dass wir gut folgen können.

 

Gerhard hat heute Appetit auf Brathähnchen. Wir fahren ab 12:30 Uhr mehrere Supermärkte an, ehe wir in Peyrehorade fündig werden. Für alle, die in Frankreich um die Mittagszeit leckere, frische Hähn-chen essen wollen, sei gesagt: Die gibt es nur bei Carrefour!!! Die anderen Supermärkte bieten gebra-tene Hähnchen oder Hähnchenteile lediglich in der Kühltheke an; sie müssen also noch aufgewärmt werden. Im Carrefour dagegen gibt es die Hähnchen um die Mittagszeit gut verpackt in einem Frisch-haltebeutel an der „warmen Theke“. Die Preise sind unseres Erachtens in ganz Frankreich gleich (wir hatten früher schon welche in anderen Carrefour-Märkten gesehen, daher wusste Gerhard auch, dass es so was gibt!) und die kosteten überall 7,15 €. Dazu noch frische Brötchen aus der Boulangerie und der Magen freut sich.

 

Wir haben das Hähnchen im Steyr direkt auf dem Supermarktparkplatz verspeist, ehe wir weiter fahren. Anscheinend befinden wir uns danach in einem Kiwi-Anbaugebiet, überall bieten Verkaufsschilder Kiwi

feil. Der riesige LKW mit Anhänger vor uns wird immer langsamer, ehe er komplett zum Halten kommt. Ah, ein Unfall! Der Abschleppwagen ist schon da; die Straßenmeisterei hat den Unfallort mit einer Ampel gesichert.

 

Jetzt geht es wieder über die spanische Grenze und wir befinden uns ab sofort im Baskenland. Die Namen der Städte, aber auch der POIs, sind für Ausländer sicher nur schwer zu entziffern und etwas

gewöhnungsbedürftig, weil die baskische Schreibweise angewendet wird. So heißt der Flughafen „aireportua“ anstelle von „aeropuerto“ im Spanischen. Vielleicht schon ein bisschen Vorgeschmack auf Portugiesisch, was ja mit Portugal demnächst Ziel unserer Reise ist und dessen Sprache meiner Ansicht nach Ähnlichkeiten aufweist.

 

Kurz vor Lezo findet Gerhard eine Tankstelle, die den Diesel für 1,285 € anbietet. Da müssen wir natür-lich zuschlagen!. Weiter geht es Richtung Bilbao. Die heutigen, letzten Kilometer sind noch einmal sehr unangenehm, weil die Städte an der Küste direkt ineinander übergehen. Teilweise bekommen wir über-haupt nicht mit, dass wir bereits in der nächsten Stadt sind, weil wir uns intensiv auf die Route konzen-trieren müssen. Plötzlich entdecken wir in San Sebastián ein Hinweisschild zum Hafen. Wir haben schon des Öfteren in Häfen übernachtet, also versuchen wir es auch hier. Dieser Hafen ist aber anders. Um in das Hafengebiet zu gelangen, muss eine Schranke passiert werden, die mit einem Wachtposten besetzt ist. Da wir nichts auf dem Hafengelände zu suchen haben, können wir nicht einfahren.

 

Also geht es zurück zur ursprünglichen Route auf die A-15. Rechts und links sind noch Hochhäuser – wir befinden uns demnach noch im Stadtgebiet. Langsam erklimmen wir über diese (kostenlose) Autobahn

zunächst mal wieder Kehre um Kehre bis zu 1.500 Höhenmeter. Als wir endlich oben angekommen sind, nehmen wir die erste Abfahrt. Mittlerweile ist es bereits 17 Uhr, und die Sonne bereitet sich auf ihren Untergang vor. Über die Ausfallstraße sind wir dennoch bis kurz vor 18 Uhr unterwegs, ehe wir einen geeigneten Stellplatz finden. Grund dafür ist, dass die Straße, bei der wir abgefahren sind, in ein Tal führt, dass auf der einen Seite von Felsen, auf der anderen Seite von einem Bach begrenzt wird. Die Grundstücke mit Häusern liegen dazwischen, aber es führt kein Feldweg ab, den wir nutzen könnten, um zum Beispiel auf eine Wiese zu kommen oder am Feldrand zu halten.

 

Wir bekommen die Erlaubnis, auf dem Hof einer Caldereria (baskisch: Kesselschmiede) zu übernachten. Die Durchgangsstraße ist nur ca. 10 m von unserem Übernachtungsplatz entfernt – möglicherweise wird

die Nacht etwas unruhig. Ashley findet es auch nicht so toll. Auf dem ersten Spaziergang nach unserer Ankunft verhält sie sich eher zurückhaltend, was so gar nicht ihre Art auf fremdem Terrain ist.

 

Mit kurzen Unterbrechungen regnet es die ganze Nacht hindurch. Am Morgen ist der Himmel mit grauen Wolken übersät, Nebelschwaden hängen mancherorts, aber der Regen hat aufgehört. Wir fahren weiter

durch das enge Tal, in dem wir laut Beschilderung 1,5 m Abstand zu den Radfahrern halten sollen, andererseits die Straße aber höchstens 6 m und unser Steyr 2,50 m breit ist. Wenn dann noch einer in der 2. Reihe parkt, was häufiger vorkommt als bei uns in Deutschland, bleibt oft nichts anderes übrig, als zu warten bis die Straße wieder frei ist.

 

Zwischendurch weitere Beispiele der baskischen Sprache: „anbulatoria“ für Ambulanz (ja, es wird mit „n“ geschrieben, nicht – wie zu erwarten – mit „m“!) und zwei Ortsnamen: Urretx und Legazpi. Übrigens lautet der baskische Name von Bilbao BILBO. Na, klingelt was? Ja, richtig, Herr der Ringe. Ob der Autor den Namen aus dem Baskenland „geklaut“ hat?

 

Nachdem wir das enge Tal durchquert haben, kommen wieder auf die Autobahn; dieses Mal auf die N-1. Die Fahrer sind generell sehr aggressiv unterwegs. Wenn es beim Auf- oder Abfahren der Auto-bahn nicht schnell genug geht, wird gehupt. Ist ein Auto zu langsam am Berg unterwegs, wird gehupt. Dabei stehen gerade an steilen Stellen drei Spuren zur Verfügung, damit der Langsamste ganz rechts fahren kann. Sämtliche Baustellen, sowohl auf Autobahnen als auch auf „Bundes“straßen, machen – im Gegensatz zu Deutschland – einen sehr geschäftigen Eindruck. Sowohl Maschinen als auch Personen sind zuhauf am Arbeiten und alles wirkt sehr durchorganisiert. Eine Baustelle, auf der nur ein oder zwei Personen oder Bagger im Einsatz sind oder eine, auf der sich überhaupt nichts tut, gibt es hier nicht!

 

Kurz vor dem Landeswechsel nach Kantabrien erhaschen wir von der A-8 einen ersten Blick aufs Meer. Etwas später führt sie stellenweise auch am Meer entlang. Unser nächstes Etappenziel ist Laredo. Dort wollen wir uns nach eine Ver- und Entsorgung für das WoMo umschauen. Außerdem möchten wir mit WiFi die aktuelle Datei ins Netz stellen. Wir finden einen wunderschönen Campingplatz am Meer, im ASCII-Führer als Wi-Fi ausgewiesen, aber leider geschlossen. Zwei Arbeiter richten den Platz für die nächste Saison her: Sie rechen Laub zusammen und schneiden die Bäume. Sie erlauben uns, unsere Wasservorräte aufzufüllen und den Grauwasser und Fäkalientank u entsorgen. Leider funktioniert das

WiFi nicht, wahrscheinlich wurde es zwischenzeitlich abgeschaltet.

 

Das Wetter hat sich inzwischen gewandelt. Die Sonne scheint und es weht ein angenehm warmer Wind. Weil es uns so gut hier gefällt, übernachten wir vor dem Campingplatz zwischen den Dünen mit Blick

aufs Meer. Vor dem Schlafengehen genießen wir noch einen herrlichen Spaziergang am Meer entlang. Seit unserer Ankunft ist der Meeresspiegel angestiegen. Der Sandstrand, auf dem wir vorhin noch mit Ashley unterwegs waren, steht mittlerweile komplett unter Wasser. Nach einer ruhigen Nacht  beob-achten wir beim Frühstück Jogger und Hunde, die die Dünen für das morgendliche Fitness-Programm nutzen. Obwohl inzwischen etwas regnerisch, lassen sie sich nicht aufhalten.

 

Vor dem eigentlichen Start machen wir noch einen Zwischenstopp im Supermarkt. Unser Dosenöffner hat den Geist aufgegeben und auch das Brot wird knapp. Da heute Samstag ist, müssen wir für das Wochenende mitplanen. Aber wird werden in allem, was benötigt wird, fündig. Als wir wieder auf der Autobahn sind, geht das Gehupe von gestern gleich wieder los.

 

Das Wetter ist inzwischen zunehmend sonnig geworden. Nach der Abfahrt von der Autobahn geht es durch kleine Täler, in denen viele Grundstücke mit geschichteten Bruchsteinmauern begrenzt sind. Radfahrer gibt es auch en masse – wir fahren eine „ruta byciclista“ entlang. Die Radler nutzen ihr Recht weidlich aus, fahren auch häufig zu zweit nebeneinander und der Abstand soll immer noch 1,50 m betragen, siehe oben. Aber irgendwann ist die Radfahrerroute zu Ende und die CA-281 schraubt sich langsam in engen Kehren bis auf 600 m nach oben. Es liegen viele lose Äste auf der Straße, die sich möglicherweise bei einem Sturm in der vergangenen Nacht losgerissen haben und durch den Wind verstreut wurden.

 

Die kleinen Straßen sind gut ausgebaut, aber es herrscht wenig Verkehr. Wir fahren an riesigen Weiden vorbei, die von Schafen oder Kühen abgegrast werden. Es gibt wenig Wald. In den Dörfern fallen die

Dächer ins Auge, die mit unterschiedlich farbigen Dachpfannen „belegt“ sind. Über eine Sackgasse geht es weiter nach San Sebastian de Galabrandal. Dort erschien am 01. Juni 1961 der Erzengel Michael ein paar jungen Mädchen. Er ließ über sie die Warnung weitergeben, dass die Menschheit ihr Leben zum Guten ändern müsse. Am 02. Juni 1961 wurde die Jungfrau Maria ebenfalls dort gesehen, die die Warnungen von Michael wiederholte und intensivierte.

 

Im Vergleich zu den Wallfahrtsorten Fatima und Lourdes geht es hier sehr geruhsam zu.   Alles zusam-men gezählt (inklusive einer Schulklasse) sind vielleicht 50 Touristen/Pilger im Ort. Es gibt ein Touris-musbüro und auch ein Souvenirlädchen. In beiden hat sich während unseres Aufenthaltes kein Tourist verirrt. Die Parkplatzsituation ist überschaubar, es gibt kein Gedrängel. Der Aufstieg zum Kreuz ist

für Fußgänger recht steil, wird aber von uns dreien (Gerhard, Ashley und mir) gut gemeistert. Energe-tische Schwingungen können wir keine feststellen.

 

Über die A-8 geht zurück zum Meer. Nach einer Steilküste in Llastres finden wir in Rodiles einen Sand-strand. Der Anfang unserer Suche nach einem Stellplatz gestaltet sich schwierig. Wir fahren an fünf

unabhängig voneinander liegenden Parkplätzen vorbei, die jeweils vier bis sechs Plätze ausschließlich für Rollstuhlfahrer ausweisen. Andere Autos dürfen hier nicht stehen. Nicht einer der Parkplätze ist belegt. Wir drehen am Ende der Straße um und fahren noch einmal zurück. Und siehe da – ganz am Anfang gibt es einen Parkplatz, bei dem WoMos sogar über Nacht stehen dürfen. Keine Frage – hier wird übernachtet!

 

Der nahe gelegene Strand wird aktuell intensiv von Wellenreitern genutzt. Mindestens zwanzig davon tummeln sich in den wogenden Fluten. Ein Strandangler hat zwei Angeln aufgestellt, aber noch keine Beute gemacht. Ashley trifft etliche Kumpel zum Spielen am Strand. Wir treffen ein älteres Ehepaar mit WoMo aus Würzburg. Sie sind ebenfalls auf dem Weg über Portugal nach Südspanien, wo sie – wie

bereits schon seit zwanzig Jahren – überwintern wollen. Sie geben uns ein paar Tipps für die dortigen Nationalparks.

Im Norden Spaniens an der Atlantikküste.

 

AmSonntagmorgen fahren wir bei guter Zeit in VILLAVICIOSA los. Unser Stellplatz am Playa de Ridles hat leider so gelegen, dass wir von dort nicht das Meer sehen konnten. Es ist gerade Ebbe und Gerhard hat bei seinem Morgenspaziergang mit Ashley nur eine Wellenreiterin entdeckt. Wahrscheinlich liegen die alle noch in ihren Schlafsäcken, denn das Wetter heute früh ist alles andere als einladend. Da wir heute vorwiegend auf der A-8 Richtung Westen unterwegs sein werden, ist das für uns nicht allzu schlimm.

 

Durch die lange Autobahnfahrt gibt es heute nicht so viel zu erzählen. Ich widme meinen Text daher heute den verkehrstechnischen Errungenschaften von Spanien, die auch in Deutschland vielerorts

sinnvoll wären. Die erste Idee sind im Boden angebrachte Lichtsignale vor Zebrastreifen. Sie sind auch bei Regen gut erkennbar und weisen auf die Gefahrenstelle hin. Bei dem zweiten Gedanken handelt es sich um Ampeln, die in verkehrsberuhigten Zonen aufgestellt werden können. Die uns bekannte Ampel besteht aus den Lichtsignalen Rot-Gelb-Grün. Die Spanier kennen jedoch noch eine Variante, in der es oben Rot gibt und die beiden anderen Lichtsignale abwechselnd Gelb blinken. Diese Art von Ampeln sind mit einer Geschwindigkeitsmessung im Boden versehen und stehen in  längeren verkehrsberuhigten Zonen in Abständen von ca. 30-50 m hintereinander. Generell zeigen alle Ampeln rotes Licht. Nähert sich ein Auto, das die zugelassene Höchstgeschwindigkeit überschreitet, der Ampel, bleibt sie auf rot

stehen und der Verkehrs"rowdy" muss anhalten. Danach schaltet sie auf Blinklicht und er kann weiter-fahren. Dieses Spiel wiederholt sich die ganze Strecke hindurch. Die nächste Ampel ist rot – er ist wieder

zu schnell – sie bleibt rot – er muss anhalten – sie schaltet auf Blinklicht – er kann weiterfahren. Der-jenige, der die Höchstgeschwindigkeit dagegen einhält, hat keine Schwierigkeiten. Die Ampel zeigt bis unmittelbar vor dem Passieren seines Fahrzeugs Rot, schaltet aber automatisch auf Blinklicht um, so dass der Verkehrs“engel“ unbeanstandet, also ohne Stopp, weiterfahren kann.

 

Nun wieder zurück zu unserer Fahrt. Die Autobahn ist fast ausgestorben. Bei RIBADEO fahren wir von Kantabrien nach Galicien. Wir fahren auf die N-642 ab, um einen Schlafplatz zu suchen und finden ihn am Hafen von O VICEDO. Wir haben von unserem Wohnmobil einen guten Blick direkt aufs Meer, die Fischerboote und den kleinen Yachthafen. Der Besitzer des kleinen Lokals, der „Bodeguita“ winkt uns freundlich zu. Zwei Männer, die sich im Hafenbereich befinden, bestaunen unser Fahrzeug und kommen näher. Schnell kristallisiert sich heraus, dass es sich um zwei „Aussteiger“ handelt, der eine aus Holl-land, der andere aus Belgien. Sie haben sich hier kennengelernt und sind mittlerweile befreundet. Der Holländer lebt bereits seit zehn Jahren in Spanien.

 

Wir machen einen Rundgang durch den Ort und stellen fest, dass es sehr viele Neubauten gibt. Es handelt sich dabei um bis zu 4-geschossige Gebäude mit jeweils mehreren Wohnungen und einem traumhaften Blick auf die Bucht und den Hafen. Trotzdem scheint die Mehrzahl, in manchen Gebäuden sogar alle, der Wohnungen leer zu stehen. Vor der Rückkehr zu unserem WoMo machen wir Halt bei der Bodeguita. Die beiden Herren sind auch da und so kommt es zu einem regen Austausch. Wir fragen, warum so viele Wohnungen leer stehen. Der Holländer erklärt, dass sie vor wenigen Jahren mit EU-Geldern gebaut wurden, die örtliche junge Bevölkerung aber gen Westen zieht, weil es in der Stadt so gut wie keine Arbeitsplätze gibt. Daher wurden die Wohnungen nicht bezogen. Mittlerweile lässt man sie verrotten, weil das billiger kommt, als sie zu unterhalten. Eine 100 – 120 qm große Wohnung sei für 45.000,00 bis 55.000,00 € zu erwerben. Richtung Westen sei die gleiche Wohnung mindestens 100 % teurer, aber dort gebe es eben Arbeit, was für die jungen Leute aus O Vicedo.

 

Aus der Küche des kleinen Restaurants zieht leckerer Essensduft. Wir können nicht widerstehen. Gerhard isst gegrillten Tintenfisch und ich entscheide mich für Schweinegeschnetzeltes mit Paprika und Zwiebeln. Als Nachtisch genehmigt sich Gerhard noch eine Portion Frischkäse mit Honig. Dazu trinken wir ein Bier, ein stilles Wasser, eine Cola Zero und zwei Cafe sólo. Die Rechnung für alles zusammen beläuft sich auf 28,40 €. Wir können jetzt durchaus verstehen, dass der Holländer in Spanien billiger leben kann …

 

Am nächsten Morgen ist strahlendes Wetter. Wir machen den Morgenspaziergang mit Ashley heute gemeinsam. Die Bodeguita hat schon offen und wir machen dort bereits die erste Kaffeepause: ein Cafe

sólo und ein Cafe grande con leche für 2,66 €. Der Wirt wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Nach dem Frühstück im Steyr geht es in Richtung westlichster Zipfel Spaniens nach FISTERRA. Für den Weg dorthin haben wir uns dieses Mal für die kürzeste – also nicht die schnellste – Route (diese beiden Varianten gibt es bei unserem Navi) entschieden.

 

Eigentlich müsste es eine Kombination aus beiden Varianten geben. Generell die kürzeste Route einzu-geben, ist nicht sinnvoll. Bei dieser Einstellung werden sämtliche Wege abgeglichen und der kürzeste Weg genommen. Das bedeutet unter Umständen, dass wir in der Großstadt durch Wohngebiete fahren und nicht die Hauptstraße nehmen, weil der Weg dadurch vielleicht 50 m kürzer  ist. Es kann auch passieren, dass wir durch enge, winklige Gässchen  n einem Dorf navigiert werden, um 80 m zu sparen, die wir weiter hätten fahren müssen, wenn wir auf der Umgehungsstraße geblieben wären. Gerhard sieht aber insbesondere die engen Straßen mit Häusern, bei denen die Balkone hervorspringen, und

Verkehrsteilnehmern, die in 2. Reihe parken, als sportliche Herausforderung und meint, dass sich durch diese „Hindernisfahrerei“ sein fahrerisches Können nur verbessern könne.

 

Aber, wie gesagt, wir haben dieses Mal im Navi den kürzesten Weg gewählt und fahren daher auf der AC-115, der N-651, auf der wir auch für 1,219 € Diesel tanken, weiter auf der N-IV, der AC-214, der N-550, der DP-3109, der AC-523, der AC-400, über die AC-413 entlang durch  diverse Städte und Dörfer. Die Waldgebiete sind in dieser Gegend von Eukalyptusbäumen geprägt.

 

Die Galizier haben, ähnlich wie die Basken, ihre Sprache auch in den Hinweisschildern umgesetzt. Wir fahren also vorbei an Wegen, die zum Praia (span. Playa=Strand), zum Porto (span. Puerto=Hafen) oder zur Igrixa (span. Iglesia=Kirche) führen. Als Gerhard von der vielen Kurbelei (der Steyr hat noch keine Servo-Lenkung) in den engen Straßen und Dörfern langsam etwas genervt ist, stellen wir den

„schnellsten Weg“ im Navi ein. Über die AG-55 (eine Gratis-Autobahn), die AC 552 und die AC 445 erreichen wir schließlich unser Ziel, den Leuchtturm (Faro) von FINISTERRE. Nachdem wir alles ausgiebig angeschaut haben, fahren wir ein Stück zurück in die Stadt und finden vor Ort in der Nähe eines Stran-des einen schönen Platz zum Übernachten.

Von Spanien nach Portugal.

 

Wir stehen noch nicht lange, als ein weiteres Wohnmobil ankommt und den Stellplatz begutachtet. Es handelt sich dabei um französisches Paar, das auch einen Schlafplatz sucht. Das Areal ist groß genug, und sie finden ebenfalls eine Bleibe für die Nacht. Als Gerhard am nächsten Morgen mit Ashley unter-wegs ist, trifft er die Frau. Sie hat sich anscheinend mittlerweile anhand unseres Kennzeichens über unsere Herkunft informiert und begrüßt Gerhard daher mit „Ah, ein Deutschländer!“. Wir vermuten mal, dass ihr ein sprachlicher Fauxpas unterlaufen ist (schließlich gibt es auch„Engländer“) und sie das nicht auf die Würstchen bezogen hat ;-) .

 

Wir starten nach dem Frühstück bei tollem Wetter, geraten aber bald in Nebelbänke. Durch das andauernde Berg und Tal fahren haben wir einen permanenten Wechsel von Sonnenschein und Wolken bzw. Nebelbänken. Das ist sehr nervig, zumal es durch die Temperaturunterschiede zu feuchten Beschlägen an den Fenstern im Fahrerhaus kommt. Dieses Wechselspiel von Sonne und Nebel dauert bis nach 12 Uhr an.

 

Seit unserer Abfahrt heute früh suchen wir nach einem Supermarkt. Er muss bestimmte Voraus-setzungen erfüllen, damit wir mit dem Steyr dort halten können. Viele Märkte sind zu klein, so dass wir mit dem Steyr gar nicht auf den Parkplatz kommen oder aber sämtliche verfügbaren Plätze einnehmen. Bei manchen ist die Einfahrt größerer Fahrzeuge als PKWs mittels einer Stange verboten, die so tief hängt, dass wir mit dem Steyr nicht durchfahren können. Andere haben die Parkplätze mit Dächern beschirmt, damit den Kunden weder Sonne noch Regen etwas anhaben kann. Leider sind diese Dächer für den Steyr zu niedrig, so dass das Parken für uns auch da nicht möglich ist.

 

In PONTEVEDRA werden wir fündig. Ich habe von der Hauptstraße aus einen Carrefour in einer Neben-straße erblickt. Diese Märkte sind meist riesig und haben daher auch einen großen Parkplatz. Wir können der heißen Theke erneut nicht widerstehen und holen uns dieses Mal eine Haxe. Außerdem frischen Fisch, der aber erst Morgen auf den Tisch kommen wird und Brot, das - wie sich später herausstellt - sehr gesund schmeckt und riecht. Meine Urgroßmutter war Selbstversorgerin und zog jährlich ein Schwein auf, dass im November geschlachtet wurde. Wenn sie für dieses Schwein das Futter aus frisch gekochten und zerstampften Pellkartoffeln und Kleie zubereitete, roch das fast genauso wie das Brot. Wahrscheinlich schmeckte es auch ähnlich ... Wir werden es auf jeden Fall nicht mehr kaufen!

 

Als wir durch CESANTES über eine Brücke fahren, sehen wir wieder das Meer. Allerdings ist nur ein Ausschnitt zu sehen, so dass das Ganze eher wie ein See als ein Meer wirkt. Es erinnert ein bisschen an die oberitalienischen Seen, und es könnte sich direkt um den Lago Maggiore handeln. Weiter geht es nach TUI, wo wir um 14:20 Uhr die Grenze nach Portugal überfahren. Als wir dann unser nächstes Ziel im Navi hochladen, stellen wir fest, dass wir 30 km zurück (und damit auch zurück nach Spanien) müssen, um auf die richtige Route und zu dem ersten geplanten Naturpark zu gelangen. Wir sind „not amused“, aber es hilft nichts und wir drehen um. Wir schlafen in der Nähe von OUENSE, im Industrie-gebiet, vor einer Lagerhalle, in der Nähe einer Quelle. Der Fernseher funktioniert heute Abend mal wieder, und wir haben vier spanische Sender zur Auswahl.

 

Am Morgen ist der Boden mit Raureif bedeckt und der Himmel wolkenlos. Durch die kalte Nacht laufen jedoch die Fenster im Fahrerhaus wieder an und außerdem wiederholt sich das Spiel von gestern (Nebelbänke und Sonnenschein). Der Nebel ist teilweise so dicht, dass in der Mitte der Straße nur vier Markierungsstreifen zu erkennen sind und danach beginnt die „weiße Wand“. Unverständlich, dass manche Autofahrer mit weißen! Autos bei diesem Wetter ohne Licht fahren.

 

Dieses Mal überqueren wir die Grenze bei VILA VERDE DE RAIA. Portugal empfängt uns mit grauem Himmel, und Wolken verhangen. Die Straße führt durch eine weite Ebene, die Bergspitzen in der Ferne sind von Wolken eingehüllt. Wir stellen unsere Uhren um eine Stunde zurück, denn wir sind jetzt in einer anderen Zeitzone. Die N-103, die wir aktuell befahren, bietet rechts und links der Straße viele Park-möglichkeiten mit teilweise atemberaubenden Aussichten. Als wir an dem Stausee im Naturschutzpark ankommen, ist Gerhard zunächst etwas enttäuscht. Der Wasserspiegel ist bei weitem nicht so hoch,

wie er es angenommen hat. Aber – kein Problem, durch das fehlende Wasser bietet sich unvermutet die Möglichkeit, erste Offroad-Erfahrungen mit dem Steyr zu sammeln. Aussteigen möchte ich hier nicht: Auf der Windschutzscheibe sind sehr viele kleine Fliegen versammelt und nach dem gestrigen Fern-sehbericht von einer Moskito-Plage in Katalonien bin ich eher vorsichtig. Gerhard und Ashley bedauern das zwar, verzichten aber auch dank meiner warnenden Hinweise.

 

Beim Weiterfahren sehen wir sehr viele schöne und große Einfamilienhäuser, die alle unbewohnt wirken. Wir vermuten, dass es sich ausschließlich um Sommerhäuser handelt, die momentan nicht

genutzt werden. Außerdem sind die Leute hier „steinreich“, denn es gibt viele geschichtete Steinmauern zwischen den einzelnen Grundstücken. Es wachsen hier viele Reben und andere Obstsorten. Die Straßenverhältnisse, Vegetation und Bebauung erinnern an Täler aus Südtirol. Wir fahren stellenweise auf der „rota de romantica“, können es jedoch nicht so richtig genießen, denn durch das ständige Auf und Ab sind öfter mal die Ohren zu. Über schmale Straßen und viele Kurven kommen wir nach LAMEGO,

unserem Übernachtungsort.

 

Von der Besitzerin des Campgrounds werden wir sehr freundlich empfangen. Nachdem wir die Ver- und Entsorgungsstelle genutzt haben, dürfen wir uns einen Platz aussuchen. Gerhard wählt einen Platz mit großartigem Blick auf die Stadt. Lamego sei ein historischer Ort, wird uns erklärt, weil dort der erste portugiesische König residiert hat. Es gibt viele schön restaurierte Kirchen und Häuser. Eine der Kirchen

thront hoch oben über der Stadt und weil wir uns ebenfalls auf einer Anhöhe befinden, ist sie nur sieben Minuten Fußweg von unserem Stellplatz entfernt. 620 Stufen führen von hier hinunter in die Stadt.

 

Wir teilen uns den Campingplatz für die Nacht mit einem Schweizer Pärchen, das mit einem Westfalia-VW-Bus unterwegs ist. Wie sich herausstellt, wollen sie auch nach Marokko, zuvor aber noch den höchsten Berg Portugals besuchen. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja noch einmal auf dem afrikanischen Kontinent.

 

Am nächsten Morgen fahren wir bei Nebel los, bis aus dem Nichts heraus plötzlich die Sonne erscheint. Wir haben ab sofort wieder freie Sicht und das Thermometer klettert bis auf 22° C. Bis TONDELA fahren wir heute auf de Autobahn, dann fahren wir über die IP-3, eine Art Bundesstraße, die durch Wein- und Olivenanbaugebiete führt. Wir kommen zu unserem anvisierten Ziel, dem Stausee bei MONTAGUA, der aber zu Gerhards Bedauern nur bedingt Wasser führt. Normalerweise handelt es sich um ein großes, zusammenhängendes Wasserschutzgebiet, was aber jetzt teilweise durch Sandbänke unterbrochen ist. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil davon ist jedoch, dass wir in dem trockenen Flussbett ein bisschen Offroad fahren können - erstmals in diesem Urlaub.

 

Es geht weiter die IP-3 entlang. Auch der Mondego-See, der uns streckenweise abwechselnd rechts und links der Route begleitet, ist ein solches Wasserschutzgebiet. Die Straßenmeisterei ist mit Herbst be-dingten Aufräumarbeiten am Straßenrand zugange. Immer wieder treffen wir auf Weinberge und auch erste Olivenhaine finden sich neben der Straße. Wir haben eine kleine unfreiwillige Pause durch einen

Schwertransport auf der N-111, aber nach nicht einmal zehn Minuten ist alles vorbei. Bei MONTEMOR DE VELHO sehen wir schon von weitem das auf einem großen Hügel mitten in der Stadt gelegene Schloss. Das Städtchen macht einen sehr ansprechenden Eindruck. Hier lässt es sich bestimmt gut wohnen.

 

Unser Schlafplatz heute Nacht ist in FIGUEIRAS DA FOZ, direkt am Meer, gegenüber des Fischereihafens auf der einen und der Stadt auf der anderen Seite. Wir treffen auf ein paar Senioren, die ihre Angel

ausgeworfen haben. Ganz in der Nähe befinden sich ein paar Reihenhäuser, die jedoch zur Zeit anschei-nend nicht genutzt werden. In der Nacht stehen mit unserem WoMo ganz allein, nur mehrere streunen-de, sehr scheue Katzen leisten uns Gesellschaft. Heute wird auf unserer Fahrt das erste Mal der Back-ofen in Betrieb genommen. Es gibt Ofenkäse, eines von Gerhards Leibgerichten!

 

Am nächsten Morgen fahren wir auf der N-109 in Richtung SANTAREM. Die Straße ist gesäumt von ausgesprochen großen Häusern, die alle die Individualität ihrer Eigentümer widerspiegeln. Zuerst kommt ein Bungalow, der auf drei Seiten von einem Säulengang umgeben ist, wie man ihn von einem griechischen Tempel kennt. Davor befindest sich ein angelegter „Schloss-Garten“ en miniature mit winzigen Blumenbeeten, Hecken und Kieswegen, der jedem Renaissance-Schloss zur Ehre gereichen würde. Vor dem nächsten Haus, das an die Sommerhäuser aus der Toskana erinnert, mit bis auf

den Boden reichenden Fenstern und großen Fensterläden, gibt es einen Naturteich in einer Blumen-wiese. Ein paar Meter weiter befindet sich ein minimalistischer Kubusbau mit akkurat geschnittenem,

englischen Rasen, auf dem kein Unkräutlein zu sehen ist. Ein Potpourri an unterschiedlichen Bauweisen bzgl. Gebäude und Gärten. Die Baubehörden in Deutschland würden von einem Koma ins nächste

fallen!

 

Was bei den Häusern auffällt, ist die Tatsache, dass bei zweigeschossigen Häusern in der Regel eine Außentreppe ins obere Stockwerk führt. Ob es sich dabei generell um eine Einliegerwohnung handelt oder ob einfach nur ein zweiter Zugang geschaffen wurde, ist nicht erkennbar. Auch hier wäre die deutsche Baubehörde aktiv, denn manche Treppen sind ohne Geländer. Schade ist, dass der Großteil

der Häuser anscheinend nur als Sommerresidenz dient und derzeit nicht genutzt wird (überall ge-schlossene Roll- oder Fensterläden, kein Auto vor der Tür). Dafür in den Sonnenmonaten aber intensiv,

denn ein Haus ohne überdachte Veranda gibt es nicht; meist sind es sogar zwei oder drei, die zu den unterschiedlichen Himmelsrichtungen gewandt sind.

 

Die einzelnen Orte an der Straße gehen ineinander über, so dass nicht genau erkennbar ist, wo der eine Ort aufhört und der nächste beginnt. Heute ist die Polizei vielfach präsent, was in den vergangen Tagen gar nicht der Fall war. Über die Nachrichten können wir auch keinen Hinweis diesbezüglich entdecken. PORTO DE MOS hat eine wunderschöne Festung (siehe Foto, das noch eingestellt wird). Auch dieses Städtchen ist sehens- und liebenswert. Ab hier geht die N-362 auf Kehren wieder „nach oben“, um anschließend im VAL VERDE wieder nach unten zu führen. Hier ist einerseits die Olivenernte in vollem Gange, andererseits sind die Bauern damit beschäftigt, die Olivenbäume zurückzuschneiden und „winterfest“ zu machen.

 

Bei SANTAREM fahren wir auf die Autobahn. Die Landschaft ist sehr unterschiedlich. Rebhänge, Oliven-haine, Pinienwälder und Reisfelder wechseln sich ab. Von ACALCERA DO SAL sind es nur noch rund zehn

Kilometer zu unserem heutigen Stellplatz. Bei 25° C und tiefblauem Himmel erreichen wir den Stausee. Er ist wunderschön gelegen, und Ashley findet es auch toll. Sie rennt nach der Ankunft sofort zum See, um sich von der Fahrt abzukühlen und etwas zu trinken. Wir treffen auf ein nettes, junges Paar aus der Schweiz, das mit einem Ford Transit unterwegs ist. Die beiden befinden sich mehr oder weniger auf ihrer Rückreise. In Madrid trafen sie auf Schnee und hier wollen sie noch einmal richtig die Sonne genießen. Das ist auch unser Plan, nachdem so herrliches Wetter ist. Wir sitzen bis zum Dunkelwerden vorm WoMo und wollen mindestens eine weitere Nacht bleiben.

 

Der nächste Morgen, 17.11., wirft unsere Planung vom Vorabend über den Haufen. Es ist grau bewölkt, die Temperaturen sind um mindestens 10° C gefallen. Wir entscheiden uns daher beim Frühstück für die

Weiterfahrt. Wir füttern das Navi mit SINES als nächstem Zielpunkt. Merkwürdigerweise führt es uns drei Kilometer in die falsche Richtung, um uns nachher umkehren zu lassen … Auf der Rückfahrt nach Acalcera do Sal sehen wir rechts und links der Straße viele Störche in den Reisfeldern stehen. Gerhard sind gestern Nachmittag zwar die Storchennester aufgefallen, aber sie waren alle leer. Heute stehen in dem einen oder anderen Nest jeweils zwei Störche, Nachwuchs ist jedoch nicht zu sehen.

 

Auf der IC-1 kommen wir an Aufforstungsgebieten für Pinienwälder vorbei. Rechts und links der Straße ist überall Sandboden. Bei der nächsten Tankstelle hält Gerhard an, um den Reifendruck zu prüfen.

Dabei stellt er fest, dass eines der Ventile undicht ist. Zum Glück ist gegenüber der Tankstelle, auf der anderen Straßenseite, eine Reifenwerkstatt. Wir fahren hin, und es stellt sich heraus, dass drei

Räder kaputte Ventileinsätze haben. Da wir keinen Ersatz dabei haben, erhält Gerhard von dem Werkstattbesitzer noch einen kleinen Vorrat an neuen Ventileinsätze als Geschenk. Weiter geht es auf der IC-33 gen Westen, Richtung Atlantik. Kurz vorher halten wir noch an einem Intermarché, um uns mit Brot fürs Wochenende einzudecken. Der aus dem ACSI-Camping- und Stellplatzführer 2018 aus-geguckte Stelllatz in ALMOGRAVE ist mittlerweile für Wohnmobile verboten (eingeschränktes Halte-verbot). Bei der Weiterfahrt zum nächstgelegenen Stellplatz in CAVALEIRO stimmen die angegebenen

Koordinaten nicht. Sie führen in die Ortsmitte, aber nicht zum Stellplatz am Leuchtturm. Die richtigen Koordinaten laut unserem Navi lauten N 37° 59‘ 69“ und W 8° 81‘ 63“. Nach unserer Rückkehr werden wir ACSI zwecks Update darüber informieren.

 

Die Nacht am Leuchttrum verläuft sehr ruhig. Als wir beim Frühstück sitzen, kommen vier Moto-Cross-Räder mit viel Getöse aus der Dünenlandschaft herausgefahren, in der wir uns befinden. Die jungen Männer haben ihren Frühsport bereits hinter sich. Vor der Abfahrt laufen wir noch einmal in Richtung der Klippen. Gerhard hat dort gestern ein Storchennest entdeckt. Er hatte keinen Fotoapparat dabei und will die Aufnahme jetzt machen. Das Nest ist noch da, aber die beiden Störche sind heute nicht zu sehen. Bei unserer Rückkehr treffen wir am Steyr eine Australierin, die Europa mit ihrem WoMo einen Besuch abstattet. Sie bewundert unser Fahrzeug und wünscht uns eine gute Reise.

 

Nächstes Ziel ist der südwestlichste Punkt Portugals, der Leuchtturm von Sao Vicente. Weil unser Navi unter SAO VICENTE keine Auswahl anbietet, geben wir als nahe gelegenen Ort VILA DO BISPO ein. Wir starten unter grauen Wolken, aus denen ab und zu ein Schauer niedergeht. Nachdem wir über die N-393 wieder auf der N-120 unterwegs sind, geht es gut voran. Bei ALJEZUR grüßt schon von weitem die Burgruine von einem Hügel oberhalb der Stadt. Über die N-268 gelangen wir schließlich zum Leuchtturm. Aufgrund des sehr wechselhaften Wetters sind heute nicht viele Besucher da. Unser Park-platz liegt daher nur etwa 150 m vom Eingang entfernt. Wir werden von einem kleinen weißen, voll-kommen durchnässten Hund empfangen. Er scheint hierher zu gehören, denn er lässt es sich nicht nehmen, jedes ankommende Auto persönlich zu begrüßen. Anschließend begibt er sich auf einen Platz, von dem aus er alles genau überblicken und beobachten kann. Ashley beschnuppert er nur kurz, dann muss er seine Position als „Wächter“ wieder einnehmen.

 

Wir haben Glück, denn als wir ankommen, regnet es nur noch leicht, so dass wir problemlos etliche Fotos machen können. Rechts der Atlantik, links das Mittelmeer – das hat schon was! Zwei Männer

haben auf einem Felsvorsprung unter uns die Angel ausgeworfen. Ob sie etwas gefangen haben, kön-nen wir von oben nicht sehen. Bei der Fahrt Richtung SAGRES kommen wir am Fort de Beliche vorbei, von dem wir auch ein Foto geschossen haben. Das Wetter bessert sich weiter auf dem Weg nach ALBUFEIRA. Es gibt zwar immer noch mal einen Schauer, aber die Abstände werden länger. Für die Fahrt dorthin nutzen wir die Autobahn, die A-22, die als „vía do infante“ (Straße

des Prinzen) ausgewiesen wird.

 

Kurz vor Albufeira fahren wir von der Autobahn ab. Wir müssen noch ein paar Kilometer über Land-straßen fahren. Die Einstellung im Navi lautet „kürzeste Zeit“. Plötzlich werden wir durch Gässchen navigiert, die wir bisher nur aus der Variante „kürzeste Entfernung“ kennen. Gerhard nimmt es wieder gelassen. Bei einer besonders engen Stelle kommt uns ein älteres Ehepaar entgegen. Die Frau lächelt uns freundlich zu, reckt ihren Daumen in die Höhe und zieht ihren Mann beiseite, damit wir - ohne anzuhalten - passieren können. Wir bedanken uns mit enthusiastischem Winken.

 

Danach wird die Straße wieder etwas breiter. Da wir nur die Koordinaten ins Navi eingegeben haben, wissen wir nicht wirklich, wohin wir geführt werden (innerorts, außerorts). Plötzlich sehen wir auf

der breiten Straße, die wir befahren, das Hinweisschild für WoMos, das in eine enge Gasse zeigt. Meiner

Ansicht nach ist die Gasse zu schmal für unseren Steyr, aber Gerhard hat schon den Blinker betätigt und die Räder eingeschlagen. OK, ich gebe es zu, auf jeder Seite waren noch etwa 15 cm Platz …

 

Nach etwa 80 m sehen wir rechts große WoMos, dicht an dicht. Ich will gleich weiterfahren; in dieser Enge kann ich mich nicht wohlfühlen. Aber Gerhard meint, dass es für eine Nacht gehe, zumal wir die Möglichkeit haben, ins Internet zu kommen. Das ist ein schlagendes Argument, dem ich mich nicht verschließen will. Wir suchen nämlich schon seit einiger Zeit nach einen Platz mit WiFi. Wir haben Glück,

es gibt noch drei freie Plätze und einer davon gehört jetzt uns! Wir haben zwar keinen Strom am Platz, aber das ist auch nicht notwendig. Unsere Batterien sind gut gefüllt.

 

Weil wir nicht auf dem „eigentlichen“ Stellplatz stehen, sondern auf einem „Ausweichplatz“, sind wir auch weitestgehend ungestört. Neben uns sind noch zwei freie Plätze und danach steht ein Pärchen aus

Bremen mit einem Sven Hedin-Ausbau. Mittlerweile ist es 20:30 Uhr und die beiden Plätze sind noch frei. Heute wird wahrscheinlich keiner mehr kommen und Morgen fahren wir wieder weg ...

Durch Portugal und Spanien mit der  Fähre nach Marokko ins Rif.

 

Die Nacht ist sehr angenehm verlaufen, obwohl gefühlt rund 100 WoMos um uns parkten. Gerhard hat frische Brötchen vom Bäcker um die Ecke mitgebracht, die richtig gut schmecken. Es gibt helle und dunkle Brötchen, die bisher besten seit unserer Abfahrt in Deutschland. Der Himmel ist blau und hat nur ein paar Wolken. Gerhard ist sich nicht sicher, ob er die Ausfahrt gleich beim ersten Mal aus dem engen Tor schafft. Mit nur einem Mal Zurücksetzen rumpelt der Steyr über die im Boden eingelassene Schiene für das elektrische Tor.

 

Wir sind auf dem Weg nach TAVIRA. Plantagen mit Zitrusfrüchten erstrecken sich über weite Flächen.Wir kommen gut voran, weil wir heute auch Autobahnen als „zugelassen“ ins Navi aufgenommen haben. Bald erweitern wir unser Ziel auf die ISLA CRISTINA. Dort finden wir einen schönen Übernachtungsplatz an einem öffentlichen Strand. Am Nachmittag als wir ankommen, sind noch einige Besucher da, aber nachts haben wir den Platz für uns allein. Bei der obligatorischen Sendersuchwahl mit dem Fernseher am Abend, um die Wetteraussichten für den nächsten Tag zu checken, lässt sich erkennen, dass wir uns dieses Mal in gut erschlossenem, touristischen Gebiet befinden. Uns werden sage und schreibe 39 Sender zur Auswahl angeboten. OK, einige Sender werden durch die HD-Version doppelt angezeigt, aber es ist schon eine ganze Menge, aus der wir unsere Wahl treffen können. Im Rahmen der Nachrichtensendung stellen wir fest, dass Isla Cristina anscheinend am Vortag von einem Starkregen überrascht wurde und etliche Häuser/Keller vollgelaufen sind. Das ist uns bei der Herfahrt nicht wirklich aufgefallen. Rund um das Städtchen wird Salzgewinnung betrieben und daher stehen etliche Flächen von Natur aus unter Wasser. Als wir ankamen regnete es leicht, der Sand am Strand war nass, aber wir vermuteten keine Katastrophe dahinter. Die Straßen, über die wir in Isla Cristina fuhren, zeigten keine Schäden des Unwetters.

 

In der Nacht regnet es leicht bis etwa drei Uhr. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist der Regen bereits im Sand versickert. Ashley sieht von weitem ein paar Hundekumpels am Strand. Ein Mann mit einem Metalldetektor sucht nach Münzen und sonstigen wertvollen, metallischen Gegenständen, die eventuell in der vergangenen Nacht an Land gespült wurden. Nach dem Frühstück führt uns der erste Teil der Route Richtung HUELVA. Auf der Fahrt sehen wir viele mit Plastikplanen abgedeckte Gewächshäuser. Außerdem entdecken wir riesige Zitrusplantagen, auf denen die Ernte in vollem Gang ist. Die Fahrt rund um Huelva ist ein bisschen kniffelig, weil wir mehrmals die Autobahnen/Landstraßen wechseln müssen, um in Richtung unseres neuen Ziels, MAZAGON, zu kommen.

 

Vorbei geht es jetzt an Baukränen, Lagerhallen, Silos und kugelförmigen Gastanks. Wir befinden uns inmitten eines riesigen Industriegebiets. Wir fahren an Raffinerien mit zylinderförmigen Tanks vorbei, die extrem die Luft verpesten. Direkt anschließend folgt ein kilometerlanges Naturschutzgebiet, der Parque Nacionalidad de Donana, mit Sümpfen, kleinen Seen und urwaldähnlichem Baumbestand, der nach einiger Zeit in einen Pinienwald übergeht. Hin und wieder ist von fern ein Feuermeldeturm zwischen den Bäumen und Sträuchern zu erspähen. Ein ACHTUNG-Schild mit dem Hinweis „Paso de linces“ macht uns neugierig. Der spanische Sprachführer hilft weiter; hier scheint es tatsächlich Luchse zu geben. Wenn sich in diesem Park Luchse aufhalten, ist die Natur noch intakt. Der Geruch der Chemikalien aus dem Industriegebiet scheint ihnen nichts auszumachen.

 

Wir machen einen kleinen Abstecher nach TORRE DE LA HIGUERA, einem reinen Feriendorf mit direktem Strandzugang. Die Häuser sind alle neu und die Straßen sehr gepflegt. Fast wirkt es zu steril und sauber. Richtung ALMONTE kommen wir an einem Gebiet vorbei, das von einem Waldbrand heimgesucht wurde. Schwarze Baumstümpfe ragen in die Luft; der Boden ist schwarz von Ruß. Nach dem Park reihen sich wieder riesige Gewächshäuser aneinander. Es folgen Korkeichenwälder rechts und links der Autobahn A-49. Kurz vor der Abfahrt CARRIÓN ist die Olivenernte in vollem Gang. Wir fahren nicht ganz nach Sevilla, sondern wechseln vorher auf die SE-40, eine 6-spurige Autobahn, die so gut wie nicht befahren ist. Stellenweise sind vor und hinter uns keine Autos zu sehen. Bei der Fahrt auf der N-IV kommen wir an vielen Baumwollfeldern vorbei, die bereits abgeerntet sind. Der Wind bläst hier sehr stark und an Straßenböschungen und -winkeln, in denen er sich fängt, ist der Boden weiß übersät mit kleinen Baumwollknäuelchen.

 

Die A-471 bringt uns unserem Übernachtungsziel, CHIPIONA, immer näher. Unterwegs treffen wir auf viele LKWs, die alle mit Baumwolle beladen sind. Es wird schon langsam dunkel, als der Leuchttum von Chipiona in Sicht kommt. Gerhard fährt mitten durch die Altstadt direkt darauf zu. Unmittelbar davor, auf einer Freifläche, will er für die Nacht stehen bleiben. Zwei Spanier in einem Lieferwagen, die auch hier stehen und anscheinend eine kleine Siesta machen, raten uns aber davon ab, an dieser Stelle zu übernachten. Die „Policía“ würde das sicherlich nicht so gerne sehen. Also machen wir uns auf die Suche nach einem anderen Platz in der Nähe. Der Hafen sagt Gerhard nicht zu, deshalb fahren wir in Richtung der Vororte. Und wieder finden wir in der Nähe eines öffentlichen Picknikplatzes, der aber geschlossen ist, ein idyllisches Plätzchen im Wald. Außer den vier Hunden, die neben uns eine Art Reitgehege bewachen, ist es absolut ruhig. Nachts werde ich immer mal wieder vom Hundegebell wach. Vor welchem menschlichen Eindringling die vier ihr Terrain verteidigen oder ob einfach nur ein Wildtier durch ihr Gebiet gelaufen ist, lässt sich nicht erkennen.

 

Die Abfahrt zum Fährhafen nach ALGECIRAS am nächsten Morgen beginnt unter grauem Himmel mit vereinzelten, blauen Stellen. Wir fahren fast ausschließlich Autobahnen, vorbei an landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Olivenhainen, Baumwollfeldern und streckenweise Weinanbau. Nach kurzer Zeit regnet es durchgängig leicht; einmal kommen wir für ca. zwanzig Minuten in einen Starkregen. Der Empfang im Ticketbüro von Juan Carlos ist wie immer sehr freundlich. Nach der Buchung der Fähre nach Marokko erhalten wir ein kleines Präsent in Form einer Flasche Sidra Asturiana und einer Rolle Keksgebäck. Wir stellen uns auf den Übernachtungsplatz, den seine Klienten kostenlos nutzen können, um auf die Fähre zu warten. Lidl, Carrefour und McDonalds sind fußläufig zu erreichen.

 

Wir möchten noch einmal Geld abheben, um unseren Bargeldvorrat aufzufüllen. Im Carrefour gibt es zwei Automaten. Ich gehe an den Geldautomat der Unicaja. Nachdem ich meine EC-Karte eingesteckt habe, bietet er mir die Sprachauswahl an. Ab da kann ich meine Auszahlung in deutsch abwickeln. Es läuft alles normal ab. Ich erhalte meine EC-Karte zurück. Allerdings bekomme ich kein Geld, sondern nur den Hinweis: Die Geldausgabe ist aus technischen Gründen nicht möglich! Die angeforderte Quittung bekomme ich auch nicht (na ja, es gab ja auch kein Geld!) und der Geldautomat schaltet auf den Eingangsbildschirm zurück. Keiner der Angestellten von Carrefour kann mir weiterhelfen. Verständlich - schließlich steht der Automat ja auch nur in dem Gebäude und ansonsten hat Carrefour nichts damit zu tun. Ich versuche, meine Bank anzurufen, um die Angelegenheit zu schildern und um Überwachung meines Kontos zu bitten – keine Verbindung. Gerhards Handy hat ebenfalls keine Verbindung, Internet also auch nicht möglich.

 

Gerhard fällt ein, dass McDonalds seinen Kunden überall kostenloses WiFi anbietet – also geht es auf zu McDonald. Gerhard holt sich etwas zu essen, und ich versuche ins Internet zu kommen. Es ist zwar langsam, aber es geht. Ich setze eine Mail an meine Hausbank ab. Jetzt bricht auch hier das Netz zusammen. Lt. „Versendet“-Ordner ist die Mail jedoch rausgegangen. Gott sein Dank! Ich bin etwas beruhigt. Gerhard besorgt noch einen Hamburger für mich und dann gehen wir bei strömendem Regen zurück zu Ashley und zum Steyr. Später kaufen wir bei Lidl noch Brot und Käse zum Einfrieren. Da es weiterhin regnet, haben wir auch keine Lust zum Spazierengehen. Wir haben keine Gelegenheit, die nassen Sachen über Nacht zu trocknen. Das funktioniert nur gut tagsüber, wenn wir während des Fahrens den Wärmetauscher anhaben.

 

Am nächsten Morgen ,es ist der 22. 11., ist es noch dunkel, als wir um 6 Uhr aufstehen. Mittlerweile haben wir den Ablauf morgens optimiert, so dass wir mit Hundespaziergang, Frühstück und „klar Schiff machen“ nur noch eine gute Stunde benötigen. Wie geplant sind wir um 7.30 Uhr in Richtung Hafen unterwegs. Die Fähre geht um 10 Uhr, und wir sollen ca. zwei Stunden vorher da sein. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert, so dass wir bereits um 7.50 Uhr als erstes Auto vor dem Schalter unserer Fährlinie stehen. Der Schalter ist noch unbesetzt und die Schranke unten. Wir üben uns daher in Geduld …

 

Gegen 8 Uhr wird es langsam hell und um 8:30 Uhr ist der „Sonnenaufgang“ abgeschlossen. Es ist immer wieder verblüffend, wie schnell das hier im Süden geht. Heute früh sind nur 13 ° C. Insgesamt gibt es sechs Schalter der unterschiedlichen Fährlinien. Der FRS-Schalter ist schon längere Zeit geöffnet und die Autos können, nachdem sie ihre Tickets vorgewiesen haben, passieren. Am nächsten Schalter werden sie noch einmal kontrolliert, ehe sie endgültig in die Hafenzone zum „Boarding“ einfahren können. Um 8:55 Uhr schließt der FRS-Schalter. Ein Nachzügler, der um 9 Uhr hupend vorgefahren kommt, darf – auch nach intensiver Diskussion mit der Dame am Schalter – nicht mehr passieren. Er läuft weiter zum „Boarding“-Schalter, aber der Mann dort lässt sich ebenfalls nicht überzeugen. Keine Chance – zum aktuellen Schiff wird er nicht zugelassen. Entnervt setzt er sich wieder in sein Auto und nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seiner Beifahrerin fährt er wieder davon. Kurz darauf verlässt die Fähre, die die FRS-Passagiere an Bord genommen hat, den Hafen.

 

Es ist 9:15 Uhr. Außer uns sind mittlerweile fünf weitere WoMos angekommen, die auch mit der Balnearia-Fährlinie fahren wollen. Eine nette Dame kommt auf uns zu und erklärt uns, dass vor 11 Uhr gar nichts geht. Ashley darf jetzt auch aussteigen, denn es dauert ja noch eine ganze Weile  bis es losgeht. Ich koche inzwischen die Thermoskanne Kaffee, die ich normalerweise während des Frühstücks nebenbei für Gerhard zubereite. Weil wir uns heute mit dem Frühstücken beeilt haben, um rechtzeitig auf der Fähre zu sein, fiel das Kaffeekochen aus. Was aufgrund der aktuellen Situation nicht notwendig gewesen wäre, da sich die Abfahrtszeit um Etliches verzögert. Gegen 11:30 Uhr ist es endlich soweit. Wir können die erste und zweite Schranke passieren und warten auf das Verschiffen. Nachdem der letzte LKW von unserer Fähre gerollt ist, dürfen zunächst die PKWs an Bord. Anschließend folgen wir und zwei weitere, kleinere WoMos. Es ist mittlerweile 13 Uhr. Wir werden in den unteren Teil des Schiffes verladen. Die LKWs kommen anschließend in das Deck über uns.

 

An Bord angekommen, verlassen wir den Steyr. Ashley muss im Auto bleiben, weil für die Einreise noch die Papiere kontrolliert und gestempelt werden müssen. Das führt normalerweise zu langen Warteschlangen und die wollen wir Ashley (und auch den Marokkanern, die größtenteils panische Angst vor Hunden haben) nicht zumuten. Mir ist es von dem langen Stehen im Hafen kalt. Ich möchte gerne einen Kakao trinken, um mich aufzuwärmen. Leider ist er nur gut lauwarm, eignet sich also zum Aufwärmen überhaupt nicht. Zum Glück dauert die Fahrt nicht lange und nach ca. 1 ½ Stunden dürfen wir wieder ins WoMo. Allerdings scheinen die Fährmitarbeiter das Unterdeck vergessen zu haben. Als wir hören, dass über uns erneut Verladen wird, gibt Gerhard mit der LKW-Hupe ein Signal. Die anderen Autos fallen ein und es gibt ein regelrechtes Hupkonzert. Kurze Zeit später öffnet sich die Luke und der zuletzt eingefahrene LKW fährt rückwärts wieder raus, um uns den Weg freizumachen, damit wir in Tanger Med von Bord können.

 

Nachdem diese Hürde genommen ist, liegt noch der Zoll vor uns. Alles in allem benötigen wir dort etwa eine Stunde, um weiterfahren zu können. Es regnet in Strömen und die marokkanischen Autos vor uns werden intensiv untersucht. Drei davon müssen ihren kompletten Kofferraum leerräumen. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum es bei uns so lange dauert, bis wir weiterfahren können. Ausräumen müssen wir nichts, aber die Autopapiere gehen über drei Personen und zwei verschiedene Stationen. Nachdem alle Stempel auf diversen Dokumenten verteilt wurden, dürfen wir endlich passieren. Gerhard sucht eine Tankstelle, denn unser Kraftstoffvorrat hat sich drastisch minimiert. Die Tankstelle, die wir als erstes anfahren, bietet leider keine Kartenzahlung an. Dirham haben wir noch nicht, also bezahlen wir mit Euro. Der Tankwart berechnet einen Kurs von 1:10, aber da wir nur für 50 € tanken, ist das kein großes Problem. In SMIR finden wir einen Bankautomaten, und ich steige aus, um Geld abzuheben. Dabei werden Gerhard im Auto und auch ich auf der Straße von zwei Männern angebettelt. Das sind die negativen Erfahrungen, die man  in Marokko macht.

 

Wir suchen einen Campingplatz für die Nacht. In M‘DIQ finden wir einen wunderschön angelegten Stellplatz direkt an der Strandpromenade mit Zugang zum Meer. Er kostet 20 Dirham (rd. 2 €) für die Nacht. Das Geld wird von einem städtischen Mitarbeiter direkt am WoMo abgeholt. Der Platz ist sehr ruhig. Wir stehen ganz allein und auch der Ruf zum Gebet aus der nahen Moschee ist sehr moderat und nervt nicht. Was insbesondere mich aber stört, sind die Schnaken, die es hier gibt. Bis zum Schlafengehen habe ich im WoMo 15 Stück gekillt; am nächsten Morgen weitere drei, die das Killerkommando vom Vorabend überlebt hatten. M‘diq werde ich daher mit „Mücke“ gleich setzen und mich immer daran erinnern, dass hier eine „Schnakenhochburg“ ist. Schade eigentlich, denn es ist ein hübsches Städtchen, das augenscheinlich einiges an Geld in den Touristenaufbau investiert hat.

Durch das marokkanische Rifgebirge

 

Am nächsten Morgen, wir haben den 23.11., fahren wir über die M13 nach TETOUAN. Vom Auto aus sehe ich eine Marjane (einen riesigen Supermarkt europäischer Prägung). Wir halten an, denn das Brot ist uns wieder ausgegangen. An der Gemüsetheke sehen wir einen kleinen Vogel, der sich an der Auslage mit frischem Salat bedient; insgesamt gibt es jedoch sieben Vögel, die anscheinend im Supermarkt „wohnen“. Wir kaufen außer einem Fladenbrot noch eingelegte Oliven (zwei verschiedene Sorten, insgesamt rd. 300 g) und drei Knollen Knoblauch, um uns weitere Schnaken vom Leib zu halten, die diesen Geruch nicht mögen. Dafür zahlen wir umgerechnet etwa 1,70 €. Weiter geht es auf der N2 Richtung AL HOCÉIMA.

 

Wir fahren durch bergiges Gelände. Aufgrund der Regenfälle in der letzten Zeit hat sich überall Wasser angesammelt. Die Stauseen sind randvoll. Wir entdecken eine Tankstelle, bei der wir mit VISA Card bezahlen können. Gerhard macht sämtliche Diesel-Tanks voll. Den Tank für die Wasserspülung der Toilette füllen wir mit der Gießkanne auf, weil wir keinen passenden Schlauchanschluss für den dortigen Wasserhahn haben. Weiter geht es über die teilweise bis zu vier Spuren ausgebaute N2. Leider finden wir keinen Campingplatz, um Frischwasser zu bunkern. An einer Tankstelle versuchen wir noch einmal unser Glück. Auch hier gibt es keinen passenden Anschluss. Aber fünf Männer, die eine Lösung für dieses Problem haben! Nachdem Gerhard kurz geschildert hat, um was es geht, fangen sie direkt an zu tüfteln. Und siehe da, es funktioniert! Der Wassertank füllt sich und alle sind glücklich. Lediglich der Preis ist etwas hoch. Wir zahlen 100 Dh (rd. 10 €) für 300 Liter Wasser. Wahrscheinlich wäre es billiger oder umsonst gewesen, wenn wir dort auch getankt hätten, aber die Dieseltanks waren nun einmal voll …

 

Die Polizei kontrolliert wie gestern inländische Fahrzeuge; wir werden nicht behelligt. Die Dörfer, durch die wir fahren, wirken, als ob sie an die Felswände angeklebt wären. Die Kinder winken uns vom Straßenrand aus zu. Olivenbäume mit Früchten befinden sich rechts und links der Fahrbahn. Nicht so gleichmäßig ausgerichtet wie in den Anbaugebieten in Spanien, eher urwüchsig über das Gelände verteilt. In 944 m Höhe finden wir bei den Koordinaten N 35,06949° W 5,05452° hinter einem Restaurant einen Stellplatz für die Nacht. Die Betreiber sind ausgesprochen freundlich. Die Dame des Hauses spricht englisch. Auch Ashley ist willkommen. Fünf weitere Hunde leben ebenfalls hier. Wir bestellen eine Tajine für zwei Personen, die uns direkt ins WoMo geliefert werden soll. Im Laufe des Abends geben wir diese Bestellung an weitere zwei Personen weiter. Irgendwie scheint es mit der Kommunikation doch nicht ganz so zu klappen, wie ursprünglich angenommen. Gegen 21:15 h kommt endlich das Essen. Die Tajine ist ausreichend bemessen und besteht aus Fleisch, getrockneten Pflaumen, Zwiebeln und einer leckeren Soße. Dazu gibt es Fladenbrot und eingelegte Oliven. Als Nachtisch ist ein großes Trinkglas, voll mit Granatapfelkernen, dabei.

 

Der junge Mann, der uns das Essen gebracht hat, setzt sich, als er die leeren Schüsseln abholen kommt, noch mal kurz zu uns. Er studiert in Lyon und zeigt uns auf dem Handy Fotos seiner ganzen Familie. Am nächsten Morgen, kurz vor der Abfahrt, weist er Gerhard auf den tollen Panoramablick hin, den man von der Terasse des Restaurants genießen kann. Dieser Ausblick war gestern nicht möglich, da wir bei tief ziehenden Wolken angekommen sind und der Blick ins Tal dadurch verwehrt war. Der heutige Tag, Samstag, 24.11., wird ausschließlich dem Vorwärtskommen gewidmet. Anvisiert haben wir AL-HOCEIMA, in dessen Nähe wir uns einen Schlafplatz suchen wollen. Die Fahrt innerhalb des Rif-Gebirges schlängelt sich über Serpentinen abwechselnd rauf und runter. Die Straßen sind größtenteils in Ordnung. An manchen Stellen gibt es jedoch Ansammlungen von Schlaglöchern, die an Breite und Tiefe alle Varianten bieten. Hier gilt es, die Fahrspur zu finden, die durch die wenigsten und niedrigsten Löcher führt. Wenn Gegenverkehr kommt, ist das nicht immer möglich, und wir Holpern und Poltern über diese Abschnitte hinweg. Ashley fühlt sich bei diesem Gerüttel auch nicht wohl und schaut uns mit fragenden Augen an, die bestimmt Antwort auf die Frage „Wann ist das denn endlich vorbei?“ erwarten.

 

Etwas hinter Al-Hoceima, auf der Strecke nach NADOR, sehen wir auf der Landkarte den Leuchtturm CAP-RAS-TARF eingezeichnet. Wir haben schon mehrfach gute Erfahrungen mit Übernachtungsplätzen bei Leuchttürmen gesammelt, also machen wir uns auf den Weg. Er ist wunderschön gelegen, ganz einsam, am Ende einer Erdstraße, die rund 500 Meter in Richtung Mittelmeer führt. Die Straße ist für unseren Steyr kein Problem und auch ein gerade Stelle zum Parken ist schnell gefunden. Ich kümmere mich ums Kochen und Gerhard erkundet mit Ashley die Umgebung. Als die beiden zurückkommen, hat Gerhard bereits mit der Coast-Guard, die für die Radarstation an den Klippen zuständig sind, gesprochen und die Aussage erhalten, dass es kein Problem sei, für die Nacht hier am Leuchtturm zu stehen, der mittlerweile in privater Hand ist.

 

Fernsehen und damit insbesondere der Wetterbericht funktioniert leider nicht. Erst kommen sieben Sender rein, die aber so pixelig sind, dass wir einen erneuten Sendersuchlauf starten. Danach haben wir gar keinen Empfang mehr. Kurz darauf klopft es an der Tür. Ein junger Mann von der „Police royale“ möchte unsere Ausweise und die Fahrzeugpapiere sehen. Gerhard hat vorsichtshalber schon zuhause Fiches mit unseren Personalien und den Fahrzeugdaten vorbereitet, die er übergeben kann. Nach dem Fotografieren der Daten mit dem Handy entfernt sich der Polizist mit seinem Schlafsack und Zelt in Richtung Klippen. Er wird heute Nacht für unsere Sicherheit sorgen. Als wir am nächsten Morgen gegen 8 Uhr aufstehen, ist sein Zelt noch da. Bei unserer Abfahrt um zehn Uhr ist jedoch nichts mehr von ihm zu sehen.

 

Heute am Sonntag den 25. 11., gibt es zum ersten Mal wieder Kaffee mit dem French-Coffeemaker, da uns die Pads langsam ausgehen. Der erste Aufguss ist etwas dünn, wir müssen uns erst wieder an die Zubereitung gewöhnen. Der zweite ist schon besser und ab Morgen klappt es bestimmt wieder hervorragend. Wir fahren immer noch Richtung NADOR. Die Straßen sind heute nicht mehr so kurvig wie gestern und auch die Höhenunterschiede halten sich auf der Küstenstraße in Grenzen. Auf der linken Straßenseite, Richtung Meer, gibt es vereinzelt Bauernhöfe, die Landwirtschaft betreiben. Etliche Bauern sind mit Pflug und ein bis zwei Eseln zu Gange, um ihren Boden zu bearbeiten. Ein Esel erschreckt sich vor dem Steyr und macht einen Satz zur Seite. Zum Glück passiert nichts.

 

Rechts von der Straße ist es eher etwas hügelig und das dort wachsende Gras wird bestimmt als Viehfutter für die vielen Schaf- und Ziegenherden genutzt, die wir öfter zu sehen bekommen. Die Polizei ist wieder tätig, aber bei den Sperren werden wir nicht angehalten, sondern durchgewunken. Bei den PKWs haben die Marokkaner anscheinend eine Vorliebe für Mercedes. Meist sind es Mercedes-Limousinen, die uns entgegenkommen. Besonders beliebt scheint dabei die Farbe grün zu sein.

 

An einer Tankstelle bunkern wir Wasser für die Toilette. Gerhard möchte auch eine marokkanische Telefonkarte kaufen, die nebenan in einem Café angeboten wird. Leider lässt sich de Karte von der "Marocq Telekom" nicht initialisieren, obwohl insgesamt zehn Männer ihr Bestes geben. Zu guter Letzt meint einer, dass sich diese Gegend eher für die Telefonkarten von "Orange" eignet und die Karten von Telekom über das Netz nicht gut abgedeckt sind. Anscheinend hatte er recht, denn rund zwanzig Kilometer weiter finden wir einen Laden, bei dem die Initialisierung mit der Marocq Telekom klappt.

 

Wir wollen weiter Richtung BERKANE, verfahren uns aber kurz vor Nador. Über eine „weiße“ Straße (also eher ein Weg!) fahren wir nach ZAIIO und treffen dort wieder auf die von uns gewollte Route. Kurz nach Zaiio fahren wir rechts ein gutes Stück über einen Feldweg in Richtung Äcker, um unser Nachtquartier aufzuschlagen. Heute kommt der OMNIA-Backofen zum zweiten Mal zum Einsatz. Der erste Versuch war eher mäßig, aber so schnell gebe ich nicht auf! Der heutige Versuch eignet sich zwar auch noch nicht für den Einsatz bei einer Kochsendung im Fernsehen, aber das Ergebnis zeigt schon eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Rezeptbild. Was mir nicht klar ist, ist die Tatsache, dass der verwendete Fertig-Blätterteig bei beiden Versuchen von der Konsistenz mehr gekochten Lasagne-Platten ähnelt und mit "Kuchen" oder „Gebäck“ eher weniger zu tun hat ...

Im Osten und Südosten Marokkos.

 

In der Stadt werden die international geltenden Verkehrsregeln individuell ausgelegt. Trottoir? Das muss auf jeden Fall frei bleiben und darf nicht betreten werden. Mitten zwischen den Autos ist es viel interessanter. Fußgängerampel? Schon witzig, was den Stadtplanern alles einfällt. Einfach ein paar Pfosten in den Boden rammen, auf denen abwechselnd rote und grüne Männchen erscheinen. Aber wozu? Fernsehen zu Hause ist auf jeden Fall interessanter. Die Vorfahrt der Hauptstraße beachten? Wenn ich von der Nebenstraße aus abbiegen will und nichts sehen kann, fahre ich doch einfach mal forsch bis in die Mitte der Vorfahrtsstraße. Da habe ich eine gute Sicht und die dort fahrenden Autos

halten außerdem an, damit ich passieren kann. 

 

Nachdem wir uns auf dem Stellplatz eingerichtet haben (Gerhard vor dem WoMo im Klappsessel, ich im WoMo am Herd), wird eines schnell klar: Die Windverhältnisse auf dem freien Feld sind sehr merkwürdig. Entweder weht einem der Wind fast von den Beinen bzw. der Ausziehtreppe oder es ist absolute Windstille. Die beiden Varianten wechseln unvermittelt und ohne erkennbaren Grund ab. Das geht die ganze Nacht über so. Erst rüttelt der Wind wie verrückt am WoMo, danach ist alles vollkommen ruhig. Für mich wird dadurch die Nacht sehr unruhig, weil ich permanent aufwache, wenn der Wind wieder seine volle Macht entfaltet.

 

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen (26. 11.) machen wir uns auf den Weg Richtung BERKANE. Unsere Route, die N2, war bereits durch Zaiio vierspurig ausgebaut und wird auch außerhalb der Stadt so fortgeführt. Die Straße erscheint durch die beiden Randstreifen, die sehr großzügig dimensioniert sind, noch breiter. Das machen sich die Menschen zunutze. Die Einhaltung der korrekten Richtung des fließenden Verkehrs interessiert generell nur bedingt, auf dem Seitenstreifen überhaupt nicht. Zu zweit mit einem Fahrrad oder einer Art Mofa nebeneinander, ein kleines Pferdefuhrwerk oder ein dreirädriger Karren, mit oder gegen den Strom – auf dem Randstreifen geht einfach alles!

 

Unterwegs fahren wir wieder an Schaf- und Ziegenherden vorbei, die in Marokko selten allein unterwegs sind; meist ist ein Hirte dabei, manchmal auch ein oder zwei Hunde. Auf dem Flughafen von OUJDA sehen wir ein Flugzeug von Ryanair. Über den COL DE JERADA mit einer Höhe von 1.150 m geht es weiter auf der N17. Wir fahren über eine kilometerlange Hochebene Richtung AIN BENIMATHAR. Die Vegetation und auch die Umgebung erinnern ein wenig an die Wüstenlandschaften in Arizona. Sogar die „table mountains“ sind vorhanden. Der Himmel ist bewölkt, aber die Farbe der Wolken, die bei uns in Europa verschiedene Grauschattierungen aufweist, zeigt sich hier in nuancierten Beigetönen bis hin zu einem mittleren Braun. Der Wind bläst recht kräftig, und wir fragen uns, warum das nicht ausgenutzt wird. Windräder haben wir bisher nur sehr wenig gesehen. Wir schlafen kurz hinter TENDRARA neben einem Feldweg inmitten von unwegsamem Gelände. Zwei Hundekumpels für Ashley finden sich schnell, die dazugehörigen Menschen sind jedoch nicht zu sehen.

 

Am Dienstag, 27.11., starten wir um 9:15 Uhr Richtung BOUARFA. Die Berge in der Ferne haben sich hinter dichten Nebelschwaden versteckt, darüber ist strahlend blauer Himmel. Es ist auf rd. 1.000 m Höhe noch sehr kalt; beim Morgenspaziergang mit Ashley waren die Pfützen zugefroren. Dennoch hat die Sonne sehr viel Kraft und schon wenig später ist alles aufgetaut. Wir ziehen unsere Jacken aus und freuen uns, dass wir darunter nur kurzärmelige Kleidung tragen. In etwa 70 m Abstand zur Straße sehen wir in Marokko die erste freie Kamelherde. Auch sie ist mit einem Hirten unterwegs.

 

Heute befinden sich rechts und links von der Straße immer wieder riesige Gebiete, die aufgeforstet werden oder bereits aufgeforstet wurden. Sie befinden sich in allen Stadien der Aufforstung: vom Entfernen der vielen Steine auf den Feldern über Rinnen zum Bepflanzen, dem Verlegen von Wasserrohren, dem Einsetzen der jungen Pflänzchen und der Pflege bereits angewachsener Büsche und Bäume ist alles dabei. Das Absperren oder Befestigen dieser Aufforstungsgebiete ist genauso vielfältig und reicht von aufgeschichteten Steinen über Umzäunungen (Stacheldraht, Maschendraht, grünes Polyestergewebe) bis hin zu gemauerten Wänden, die teilweise aus Hohlblock oder Ziegelsteinen sind und manchmal sogar verputzt und angelegt. Der Staat investiert einiges, um die Landschaft attraktiv zu machen und die Wüstengebiete einzudämmen. Wir sind sehr beeindruckt!

 

Heute machen wir Rast auf dem Campingplatz Tissirt im Ziz-Tal . Er ist sehr schön gelegen am Rande einer Oase, in der man gut spazieren gehen kann. Die Einfahrt ist ziemlich eng, aber Gerhard meistert das schmale Eingangstor routiniert. Die Dattelernte neben dem Campingplatz ist in vollem Gange. Wir bekommen von drei jungen Männern, die abwechselnd auf die Palmen klettern, um die Datteln herunterzuholen, mehrere Zweige mit Früchten geschenkt. Sie freuen sich, dass wir so in den Genuss der chemisch unbehandelten Früchte kommen, die natürlich frisch ganz anders schmecken als bei uns zu Hause aus der Packung.

 

Für 18 Uhr haben wir bei dem Campingplatz-Betreiber Ali eine Tajine für zwei Personen bestellt. Sie schmeckt sehr lecker und als Dessert gibt es mehrere Mandarinen und einen Granatapfel. Die Mandarinen schälen sich einfacher als in Deutschland, weil die Früchte frisch und die Schalen dementsprechend „elastischer“ sind. Mit dem Granatapfel kämpfe ich ein bisschen. Die ultimative Essmethode dafür habe ich noch nicht entdeckt. Die Duschen sind am Mittwoch, 28.11., um 9 Uhr heiß. Das Sanitärgebäude ist absolut sauber, Ali gibt sich sehr viel Mühe. Trotzdem wollen wir weiter und starten nach dem Frühstück in Richtung EFOUD.

 

Ab RISSANI befinden wir uns auf der N12 und in einer Karstlandschaft. Science-Fiction-Filme vom Mond ließen sich hier bestimmt ohne viel Aufwand drehen! Aber auch diese karge Einöde ist irgendwann vorbei, und allein laufende Ziegen und Esel lassen sich die noch sehr vereinzelt stehenden Büsche schmecken. Langsam wechselt die Landschaft wieder. Rechts der Straße entsteht ein Naturpark, der eine „vielfältige Flora und Fauna“ verspricht. Es handelt sich um ein kilometerlanges, eingezäuntes Gelände, das von vielen Menschen für die künftigen Touristen vorbereitet wird. Insgesamt sind uns auf unserem heutigen Weg drei Wohnmobile begegnet, nachdem tagelang kein einziges an uns vorbeigefahren ist. Aber möglicherweise wird sich das ja demnächst ändern und auch der Osten kann touristisch punkten.

 

Nachdem wir die N12 bei TAZZARINE verlassen, wechseln wir auf die R108, auf der kaum Verkehr ist. Vereinzelte Bäume auf dünn mit Gras bewachsenen Flächen und Berge in näherer und weiterer Umgebung prägen jetzt die Landschaft. Einer der Berge sieht aus wie ein riesiges Kreuzfahrtschiff. Als wir an ihm vorbeifahren, passieren wir die Grenze zur Provinz ZAGORA. Der Name der Provinz ist gleichlautend mit der Stadt, die unser nächster Zielpunkt ist, den wir morgen ansteuern werden. Unser Schlafplatz befindet sich etwas oberhalb von MONT, auf das wir aus dem WoMo hinunterblicken können. Gegen 18 Uhr kommen ein paar Kinder, die jedoch in gebührendem Abstand bleiben und lediglich neugierig sind. Nachdem sie alles genau betrachtet haben, verschwinden sie ebenso schnell und leise wie sie gekommen sind.

 

Die Nacht vom 29. zum 30. November verläuft störungsfrei. Am Morgen nach dem Frühstück geht es wieder auf die Piste. Wir fahren allerdings bis Tazzarine zurück, um über die N12 weiterzufahren. In unserer Landkarte ist sie als nicht asphaltierte Piste ausgewiesen, die bei Regen gemieden werden soll. Der Himmel ist blau, die Sonne lacht, keine Wolke am Himmel – also auf ins Abenteuer. Als wir an der

Abzweigung ankommen, ist insbesondere Gerhard enttäuscht. Es handelt sich nicht – wie angenommen – um eine Offroad-Strecke, sondern die Straße ist komplett ausgebaut. Zwar nicht besonders breit, aber auch nicht viel schmaler als die Straße(n) von gestern. Ich tröste ihn mit dem Hinweis, dass die Buckelpiste sicherlich noch kommen wird, wenn wir die nähere Umgebung der Stadt verlassen haben. Diese Hoffnung bewahrheitet sich jedoch nicht. Die Straße ist zwar nicht sehr befahren. Etwa alle 15 Minuten kommt uns ein Auto entgegen oder wir werden überholt, aber ansonsten: Asphalt bis nach ZAGORA.

 

Die Urbarmachung des Geländes rechts und links ist allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie in den bisher gesehenen östlichen Teilen von Marokko. Es befindet sich alles noch in den Anfängen. Die Stromversorgung ist jedoch gesichert, überall recken sich Strommaste in die Höhe, teilweise gibt es sogar Solarstrom. Auch eine Vielzahl von neu angelegten Wasserauffangbecken sind über die weitläufige Ebene verteilt. Die Parzellierung der einzelnen Grundstücke ist weitestgehend abgeschlossen. Es gibt nur noch wenige Ecken, die bisher noch nicht aufgeteilt wurden. Das wird von den wenigen Menschen, die hier leben, genutzt und so sehen wir eine Herde von Eseln mit ihrem Hirten unweit der Straße auf dem angrenzenden Terrain.

 

In Zagora suchen wir zunächst eine Werkstätte auf. Der Befestigungsbänder einem der Tanks muss geflickt werden. Wir werden gleich nach der Einfahrt in die Stadt von einem „freundlichen Helfer mit Moped“ zur nächsten Werkstätte geleitet. Als die Reparatur abgeschlossen ist, fahren wir weiter zum Campingplatz „Les jardins de Zagora“. Wir werden freundlich empfangen und können uns einen Platz aussuchen. Außer uns ist noch ein französisches Ehepaar da, das aber kurz darauf wieder fährt. Sie haben Probleme mit den Luftfedern und ihr Wohnmobil muss in die Werkstatt. Etwas später kommt ein britisches Ehepaar mit einem umgebauten Militär-Sanitätsfahrzeug. Obwohl der Campingplatz fußläufig zur Hauptgeschäftsstraße liegt, ist es in der Nacht erstaunlich ruhig. Wir schlafen sehr gut.

 

Den nächsten Tag (1.12.) verbringen wir auf dem Campingplatz. Der Bruder von Ali hat gestern mit Gerhard einen Termin zum Abschmieren des Steyrs vereinbart. Außerdem ist einiges an Wäsche angefallen, Gerhard will die Solarzellen säubern und die Weihnachtskarten wollen auch geschrieben werden. Nachdem die Wäsche aufgehängt, die Sonne ihre Strahlen wieder ungehindert in saubere Solarzellen leiten kann und die Karten fertig sind, machen wir uns auf den Weg zur Post. Ashley ist die Attraktion! „PitteBulle, viel gutt!“ ist nur einer von vielen Sprüchen, die uns zugerufen werden. Die meisten Leute machen einen riesigen Bogen um uns. Lediglich ein paar Jungen, die das Streicheln eines so gefährlichen Tieres als Mutprobe ansehen, wagen sich in die Nähe. Nachdem sie festgestellt haben, dass Äshley gar nicht so gefährlich ist, werden wir sie fast nicht mehr los.

 

Gegenüber der Post ist ein kleines Café, in dem sich Gerhard mit Ashley niederlässt. Ich marschiere über die Straße und betrete das Postgebäude. Rechts von mir steht ein Mann in Uniform an einem Pult. Er sieht die Karten in meiner Hand und will sie mir abnehmen. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass noch keine Briefmarken darauf sind. Außerdem teile ich ihm mit, dass die Karten nach Deutschland bzw.

England geschickt werden sollen. Er geht zu seinem Pult und zieht mit gewichtiger Miene einen Zettel mit einer Nummer aus einem der beiden dort befindlichen Geräte. Dann erklärt er mir, dass ich auf die Nummernwiedergabe an der Decke achten soll und, wenn meine Nummer dort angezeigt wird, zu dem

entsprechenden Schalter gehen soll. In der Zwischenzeit darf ich mich auf eine Bank setzen. Es ist kein großes Postamt und es gibt vier Schalter, von denen drei besetzt sind. Außer mir befinden sich nur noch vier Kunden im Raum, also alles sehr übersichtlich. Meine Nummer wird jedoch nicht angezeigt, sondern

einer der jungen Männer winkt mich zu sich, nachdem er seinen Kunden fertig bedient hat.

 

Ich gehe mit meinen Karten zu ihm und erkläre ihm, dass ich Briefmarken für Deutschland und England benötige. Die Karten hatte ich wohlweislich aus Deutschland mitgebracht, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass es in Marokko Weihnachtskarten gibt. (Allerdings haben wir bisher auch noch keinen Laden mit Ansichtskarten gefunden!). Meine Karten sahen also aus wie Briefe und mir wird erklärt, dass es zwei Möglichkeiten gibt, die Karten zu verschicken. Ich wähle die teurere Version, die schneller gehen soll. Nachdem die Bedingungen geklärt sind, begibt sich der junge Mann zu einem älteren Mann und spricht mit ihm. Der verlässt daraufhin den Schalterraum durch eine Tür und kommt anschließend mit einem Bogen Briefmarken zurück. Ich bekomme die entsprechende Anzahl der Marken für meine Briefe ausgehändigt (eine gebührenmäßige Unterscheidung zwischen England und Deutschland gibt es nicht) und der Rest des Bogens wird wieder an den älteren Herrn übergeben. Ich setze mich wieder auf die mir zuvor zugewiesene Bank, reiße die Briefmarken auseinander, lecke sie ab und klebe sie auf die Briefe. Anschließend übergebe ich sie dem netten Herrn mit dem Pult am Eingang.

 

Bei der Suche nach der Post sind wir an vielen einheimischen Lokalen vorbeigekommen, aus denen es sehr lecker geduftet hat. Wir haben heute noch nichts Warmes gegessen und nehmen daher in einem der Straßenlokale Platz. Wir bestellen Hähnchen mit pommes für Gerhard und eine Tajine mit Hackbällchen und Ei für mich, außerdem ein stilles und ein kohlensäurehaltiges Wasser. Kurz nachdem wir die Bestellung aufgegeben haben, werden die Getränke gebracht. Außerdem gibt es Fladenbrot und eingelegte Oliven, arrangiert auf einer Schale mit Harissa. Normalerweise esse ich keine Oliven, aber diese schmecken mir sehr gut. Mit dem frischen Brot und der Harissa-Paste – einfach lecker! Das Essen lässt nicht lange auf sich warten. Gerhard ist über seine Portion etwas enttäuscht. Er bekommt nur ¼ Hähnchen anstelle des erwarteten halben. Meine Portion ist dafür etwas reichlicher ausgefallen und ich gebe ihm gerne etwas ab. Zum Nachtisch genehmigt sich Gerhard noch einen schwarzen Kaffee. Wir haben für das Essen inkl. der Getränke (die beiden Wasserflaschen umfassten jeweils 1 l) 90 Dirham

(umgerechnet etwa 9,00 €) bezahlt.

 

Zurück am Campingplatz wollen wir das WiFi ausprobieren. Von unserem Stellplatz aus geht das leider nicht. Wir müssen gegenüber der Rezeption in ein nach zwei Seiten offenes Gebäude mit kleinen Sitzecken und etwas schummriger Beleuchtung. Wir kommen zwar ins Internet, aber alles läuft sehr laaaangsaaaam und gemächlich. Ich verschicke eine kurze Mail, die gefühlt zehn Minuten braucht, um gesendet zu werden. Gerhards Schwester will uns eine Nachricht über Facebook schicken. Wir können erkennen, dass sie eine Nachricht schreibt, aber zum Lesen kommen wir an diesem Abend nicht mehr. Es dauert einfach zu lange, bis die Meldung bei uns in Marokko ankommt. Zurück im Auto testen wir die Fernsehtauglichkeit und haben Zugriff auf 13 verschiedene Sender. Einer davon hat französisches Programm.

 

In der Nacht wurde ich einmal kurz durch Hundegebell aufgeweckt. Aber es dauerte nicht lange und alles war wieder ruhig. Am nächsten Morgen (2.12.) bezahlen wir und danach wartet auch schon unser Guide, der uns zur Werkstatt von Ali bringen will. Beim gestrigen Abschmieren hat nämlich der Bruder von Ali etwas entdeckt: „Schelle broken. Viel leicht, not dick“. Eine Schelle war kaputt, die aus seiner Sicht

nicht besonders stabil war. Da er keine dabei hatte, bot er uns gestern an, sie heute – vor unserer Weiterfahrt – in seiner Werkstatt auszuwechseln. Bei der Werkstatt angekommen, trafen wir auf ein Pärchen aus Deutschland, die auch mit ihrem Truck unterwegs waren. Sie hatten Probleme mit dem Fahrzeugrahmen und mussten ebenfalls Alis Dienste in Anspruch nehmen. Sie sind bereits zwei Tage

da und haben in ihrem Camper an der Werkstatt übernachtet. Wir tauschen uns über unsere weiteren Reisepläne aus und die Zeit vergeht wie im Flug. Zum Mittagessen werden alle von Ali eingeladen. Es gibt mit Sardinen gefülltes Fladenbrot. Pia erzählt uns, dass sie, seit sie mit ihrem Camper hier stehen, immer mitverpflegt werden. Eigentlich praktisch, in Deutschland aber undenkbar!

 

Als unser Steyr fertig ist, starten wir am Samstag, 02.12., in Richtung FOUM-ZGUID. Wir haben unterwegs insgesamt zwei Aufenthalte, bei denen Gerhard die Dieselfilter reinigt / wechselt. Irgendwo auf unserem bisherigen Weg haben wir schmutziges, mit Wasser versetztes, Diesel getankt (das dachten wir jedenfalls, was sich aber später als falsch heraus stellte). Zwischendurch treffen wir auf eine große

Kamelherde, bei der zwei dieser Kamele beinahe mit unserem WoMo kollidieren. Im letzten Moment gelingt es Gerhard, auszuweichen, obwohl wir nur mit geringer Geschwindigkeit fahren. Die beiden wollten nicht ihrer Herde folgen, sondern meinten, noch einmal umdrehen zu müssen.

 

Wir halten auf dem Campingplatz Bab Rimal, kurz vor Foum-Zguid. Er wird in Edith Kohlbachs

Reiseführer 2018/19 empfohlen. Er liegt wunderschön und hat einen sehr ansprechenden Swimming-Pool. Leider war er aufgrund der kalten Wassertemperatur nicht nutzbar, sehr schade. Als Übernachtungspreis wird uns die Summe von 125 Dh genannt. Als wir auf den Reiseführer verweisen, laut dem wir auf einem Preis von 85 Dh (allerdings von 2017) bestehen können, erhalten wir die Auskunft, dass dies der alte Preis war. Ein Aufschlag von rd. 50 % innerhalb eines Jahres

ist kein schlechtes Geschäft. Leider funktionieren die Duschen nicht auf Anhieb. Nachdem wir reklamiert haben, dauert es noch rund eineinhalb Stunden, bis wir die Nachricht erhalten, dass wir jetzt den Staub abwaschen können. Eigentlich wollten wir im Restaurant des Hotels nach dem Duschen essen gehen.

Weil sich das aber verzögert hat, und wir beide Hunger haben, habe ich im WoMo gekocht und wir lassen den geplanten Restaurantbesuch heute ausfallen.

 

Eigentlich wollen wir vor der Abfahrt noch entsorgen, aber der Abfluss auf dem Campingplatz ist verstopft und so wird nichts daraus. Wir fahren weiter auf der N12 Richtung TATA. Die Straße ist noch weniger befahren als gestern, uns begegnet vielleicht alle halbe Stunde mal ein Auto. Vielleicht liegt es aber auch am Sonntag, dass so wenig Fahrzeuge unterwegs sind. Rund um uns ist Ödland, keine Spur von Bearbeitung. Aber es sind auch keine Siedlungen zu entdecken. In einiger Entfernung sehen wir drei Nomadenzelte. Kurz vor TISSINT bleibt der Steyr wieder stehen. Gerhard reinigt/wechselt jetzt wieder den Dieselfilter-System und nach einem fast zweistündigen Aufenthalt können wir weiterfahren. Während unserer unfreiwilligen Pause werden wir von der ortsansässigen männlichen Jugend intensiv beäugt und um Geld, Bonbons und Kugelschreiber angebettelt. Als wir nichts geben, werden wir bei der Abfahrt von zwei Jungen mit Steinen beworfen.

 

In Tata angekommen suchen wir nach einem Geldautomaten. Ein hilfsbereiter Polizist zeichnet uns den Weg auf. Leider nimmt der Automat der Bank Populaire nicht unsere Karten. Etwas weiter die Straße entlang steht bei der Post ein zweiter Geldautomat, der sowohl Gerhards als auch meine Scheckkarte akzeptiert. Am Ortsausgang von Tata finden wir eine Tankstelle, bei der wir mit der VISA-Karte tanken können. Wir machen alle Tanks voll und dürfen sogar unseren Wassertank kostenlos auffüllen. Weiter geht es nach AKKA. Gleich am Ortseingang ist ein riesiger, neu angelegter, kommunaler Campingplatz mit einem Hotel-Restaurant. Es ist alles noch im Aufbau, aber der nette Betreiber lädt uns in sein Café ein und sorgt dafür, dass wir abends eine Tajine bekommen.

 

Am nächsten Morgen, 03. Dez., geht es nach ICHT, wo wir uns mit Dieter und Ute aus Bochum treffen wollen. Die Fahrt verläuft unspektakulär. Das Einzige, was uns auffällt, sind die vielen Verkehrsschilder mit dem Hinweis „scharfe Kurve(n)“ und damit einhergehend eine Reduzierung der Geschwindigkeit. Nachvollziehbar sind sie nur aus der Sicht meines französischen Onkels, der immer Probleme hatte, wenn er uns in Deutschland besuchte. Er vermisste immer die „französische Straßenverhältnisse“, bei denen man aufgrund der schnurgeraden Straßen heute schon sieht, wer einem in zwei Tagen besuchen wird. Wenn bei den vielen geraden Strecken in Marokko mal eine Kurve auftaucht - eine harmlose, kleine, langgezogene Kurve - wird sie gleich als „scharf“ deklariert. Übertragen auf deutsche Straßenverhältnisse würde das bedeuten, dass bei uns vor jeder „normalen“ Kurve ein solches Schild stehen müsste und bei unseren „scharfen“ Kurven müssten riesige Schilder mit dem Hinweis „Gefahr! Extrem scharfe Kurve!“ stehen.

 

Wir sind bereits gegen 12 Uhr an unserem Treffpunkt. Der Eingang des Bio-Bauernhofes mit Camping in Icht ist verschlossen, aber in dem Reiseführer steht, dass das tagsüber normal sei und man sich vor das Tor stellen könne. Etwa eine halbe Stunde später treffen auch Dieter und Ute mit Hund Drago ein. Die Beiden kennen den Campingplatz von früher und wenden sich an die Nachbarin, die die großen Türen für uns öffnet, damit wir durchfahren können. Wir sind die einzigen Besucher und können uns auf dem Gelände einen Platz aussuchen. Im Lauf des Nachmittags kommt noch ein Schweizer Paar an, das ebenfalls übernachten möchte. Nachdem wir uns kurz beraten haben, wird es für die Bochumer und uns Morgen einen Waschtag geben. Die Wäsche wird daher sofort eingeweicht, damit das Waschmittel an dem verbliebenen Tag und über Nacht wirken kann. Die Schweizer werden allein weiterreisen, aber da sie unsere Richtung einschlagen, werden wir sie vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt unterwegs wieder treffen.

 

Am Abend sitzen wir noch eine Weile bei Ute und Dieter am Tisch, um uns zu unterhalten. Wir vergessen darüber fast, dass Ashley noch nicht ihr Futter für den Abend bekommen hat. Ute hat verschiedene Lampen mit Duftstoffen aufgestellt. Es riecht richtig toll! Dieter ist es etwas zu viel, er brummelt ein bisschen, aber Gerhard findet die Mischung auch gut. Der Sternenhimmel ist genial; so viele Sterne sieht man leider bei uns, bedingt durch die vielen Lichtquellen überall, nicht mehr. Wir können sogar zwei Satelliten sehen, die sich relativ schnell über den dunklen Nachthimmel bewegen. Die Nacht ist ruhig, ab und zu schreit mal ein Esel und am nächsten Morgen weckt uns der Muezzin mit seinem Ruf zum Gebet. Von unseren bisherigen Stellplätzen ruft er hier am lautesten oder es fällt hier am meisten auf.

 

Dieter hat mit der Nachbarin gestern einen Deal gemacht. Sie wird für uns alle Brot backen. Im Lauf des Vormittags bringt sie die Brote vorbei und will auch noch Eier liefern. Unsere Vorstellungen vom Bio-Bauernhof werden etwas über den Haufen geworfen. Wir waren der Auffassung, dass wir hier regionales Obst und Gemüse einkaufen können. Es gibt jedoch weder Obst noch Gemüse. Dafür ordert

Gerhard frische Milch, die aber erst am nächsten Tag (unserem Abreisetag) geliefert werden kann. Bei uns gibt es heute Kartoffelklöße aus der Packung und dazu aus der Dose Schweinebäckchen (für Gerhard) und Sauerbraten (für mich). Markttag ist erst Morgen, wo wir uns wieder mit frischen Sachen eindecken können.

 

Wir wollen mit Dieter und Ute eine Off-Roadstrecke fahren, für uns das erste Mal,da die anderen ausgesuchten - angeblichen Pisten – mittlerweile asphaltiert waren. Davor wollen wir uns auf dem Markt in FOUM EL HISN vor allem mit frischem Obst und Gemüse eindecken. Der Souk dort bietet alles, was wir brauchen. Gerhard versucht in einem Telefonladen mit Hilfe des Inhabers sein marokkanisches Internet zum Laufen zu bringen. Ein anwesender Kunde vom Militär findet die richtigen Einstellungen, so dass es anschließend endlich funktioniert. Ob das auf Dauer sein wird, können wir nicht feststellen, weil es in dem Gebiet, das wir befahren, kein Netz gibt. Drago und Ashley haben eine kurze Auseinandersetzung, bei der Ashley unterliegt. Sie rannte einem Stück Brot hinterher, das Drago gehörte und vom Wind in Ashleys Richtung geblasen wurde. Er war nicht damit einverstanden, dass sie s e i n Brot fressen wollte und verteidigte es.

 

Insgesamt ist es sehr windig, wobei Dieter und Ute bestätigen, dass in Marokko generell viel Wind weht. Am Abend lassen wir uns wieder von dem Sternenhimmel faszinieren. Es sind mehrere Sternschnuppen zu sehen, aber auch Satelliten, die um die Erde kreisen und Flugzeuge, die ihre Bahnen ziehen. Ich unterbreche jetzt für unbestimmte Zeit die Pro-Tag-Berichte, weil sich auf der Off-Road-Strecke für mich nicht so wahnsinnig viel tut (Gerhard sieht es anders ;-), aber ich schreibe nun mal die Berichte). Auch die gefahrenen Kilometer halten sich in Grenzen (20 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit, die aber nur äußerst selten genutzt werden kann), was bedeutet, das die Landschaft ebenfalls nicht viel Berichtenswertes liefert. Wir halten an Stellen, die sich aus Dieter und Utes Sicht zum Erkunden lohnen. Die beiden waren schon oft in Marokko und haben inzwischen einen Blick oder auch ein Gespür für interessante Wegpunkte. Wir finden eine Steinzeichnung am Wegesrand, treffen auf einen Nomadenfriedhof, finden einen kaputten LKW-Reifen, der noch nicht allzu lange liegt; erkennbar daran, dass es dieses Profil lt. Dieter erst seit kurzer Zeit gibt. Dazwischen fahren wir durchs Tal der Schmetterlinge. Die kleinen Büsche auf dem kargen Boden sind mit winzigen Blüten bedeckt und offenbar eine gute Nahrungsquelle für die vielen kleinen und großen Schmetterlinge, die sich hier tummeln. Wir machen unter anderem Rast an einem Brunnen, der von zwei Häusern flankiert ist. Eines davon enthält einen Teppich und ein blaues Fass und scheint regelmäß9g gesäubert zu werden. Davor, in Richtung des Brunnens, ist Müll aller Art verstreut – Plastikflaschen, Ölsardinendosen, Plastiktüten, etc.

 

Am 8. Dez. sind wir in ASSA zum Einkaufen, Tanken und Wasser fassen. Die Schule ist gerade aus und wir erleben erstmals, dass uns Mädchen im Teenageralter den Stinkefinger zeigen. Bisher kannten wir das nur von Jungen, die ohne Gegenleistung Kugelschreiber, Bonbons oder Geld von uns forderten, aber keine Gegenleistung dafür erbringen wollten. An den Schülern fahren wir nur vorbei und bekommen den Stinkefinger gezeigt. Als wir mit unseren Trucks am Rande des Marktplatzes stehen und unterwegs beim Einkaufen sind, sieht Ute aus dem Augenwinkel, dass in ihr Auto, in dem Drago im Führerhaus sitzt, eine

Hühnerkralle hineingeworfen wird. Sie ist total sauer, läuft zurück und wirft die Kralle wieder in den Pulk von Jungen hinaus. Daraufhin fängt ein Einheimischer mit ihr Zirkus an, aber als sie ihm erklärt, dass die Kralle zuvor von den Jungs ins Auto geschmissen wurde, gibt er Ruhe. Wir fahren noch zu einem Automaten, um Geld abzuheben und sind froh, als wir die Stadt hinter uns lassen können und auf die ausgeguckte Piste abbiegen können. Schotterpisten, sandige Abschnitte und Strecken mit tiefen Spurrinnen wechseln sich ab. Gerhard sagt, dass er auf den Holperpisten sehr viel lernen kann, Ashley ist – glaube ich – von dem Hin- und Herschwanken der Kabine während der Fahrt nicht so begeistert. Durch das Rauf und Runter öffnet sich der Backofen und die Bleche inkl. Backofenspray fallen heraus. Künftig werden wir vor dem Start den Backofen ausräumen, damit das nicht mehr passieren kann.

 

Weiter geht es im Schritttempo durch ausgetrocknete Flusstäler, tiefe Rinnen und breite Löcher über holpriges Kiesbett mit groben oder feinen Steinen, durch Schwemmland mit ausgefahrenen Spuren, kargem Weideland für Ziegen, Esel und Kamelen vorbei an Brunnen, Häuserruinen, Nomadenzelten, prähistorischen Grabhügeln und Steinkreisen. Besonders interessant ist laut unserem Routenführer ein Antennengrab, das Dieter nach einigen Suchversuchen findet. Er findet in der Nähe sogar weitaus größere, die in dem Führer nicht angegeben sind; er hat halt einen Blick dafür. Während der Suche bleibt Drago allein bei Ashley und mir am Auto zurück. Als Ute und Dieter ca. zehn Minuten verschwunden sind, fühlt er sich etwas allein und fängt an, wie ein Wolf zu heulen. Meine Versuche, ihn zu beruhigen, sind nicht besonders erfolgreich. Es dauert immer nur kurz, bis er erneut nach Herrchen und Frauchen ruft. Als die

Beiden in Sicht sind, hört er sofort damit auf, weil er weiß, dass seine Einsamkeit nun ein Ende hat.

 

Wenn wir am späten Nachmittag unseren Schlafplatz gefunden haben, sammeln die Männer manchmal noch Feuerholz und Dieter veranstaltet abends ein Lagerfeuer. Gehen die Flammen zurück und ist nur noch Glut vorhanden, rücken wir näher an die Feuerstelle, denn die Nächte sind recht kühl. Das hat den Vorteil, das wir gut schlafen können. Vor dem Einschlafen bewundern wir den Sternenhimmel, der uns

immer mehr fasziniert.

 

Auf unserem Weg werden wir manchmal von vorbei ziehenden Nomaden angesprochen. Manche sind mit dem Esel unterwegs, andere mit einem fahrbaren Untersatz (MoFa, kleines Motorrad oder auch Landy). Sehr häufig werden wir nach Diesel gefragt. Einer zeigt uns sein Asthmaspray und bedeutet uns, das es leer sei. Leider können wir nicht helfen, denn in unserer Reiseapotheke sind derartige „exotische“ Arzneien nicht vorhanden. Für meine Zahnfleischentzündung hat Ute ein passendes Gegenmittel: Salviathymol. Es wird auf der Basis von ätherischen Ölen (Salbei, Eukalyptus, Pfefferminz, Zimt, Nelken, Fenchel und Sternanis) hergestellt und hat super gewirkt. Das werde ich mir in Deutschland besorgen und es wird künftig Bestandteil unserer Reisemedikamente sein.

 

Vor TAN-TAN bleibt unser Steyr wieder einmal (das 3. Mal) wegen verstopftem Separ-Dieselfilter stehen. Dieter zieht uns ein paar Meter weiter auf den Pistenrand, damit wir nicht mitten auf der Straße stehen. Sie ist allerdings nicht sonderlich intensiv befahren – auf 34 km kommen uns später insgesamt drei Autos entgegen. Der Weg nach Tan-Tan führt durch Halbwüsten. Aus der Ferne sehen wir einen Traktor, der die Felder bearbeitet. Tan-Tan selbst ist eine sehr angenehme Stadt. Touristen werden in Ruhe gelassen und freundlich begrüßt. Es gibt Geldautomaten, eine top ausgestattete Apotheke mit einem deutsch sprechenden Inhaber und viele Geschäfte. Leider ist das Spezialgeschäft von Dieter und Ute geschlossen und auch der anscheinend einzige Gemüseladen (es ist heute keine Souk, an dem wir uns eindecken können) hat seine Türen und Fenster verrammelt. An der Tankstelle können wir nach dem Tanken noch Wasser fassen, sollen aber dann für 100 l Wasser umgerechnet 20 Euro bezahlen. Gerhard gibt 5 Euro und meint, dass das als Entgelt mehr als genügt.

Im Süden von Marokko, die prähistorischen Antennengräber und Malereien.

 

Als wir wieder auf der Piste sind, hat der Wind intensiv zugenommen. Auf dem Weg zu unserem Schlafplatz (dieses Mal eine Giardini-Route) kommen wir an einem Berg vorbei, auf dem Giardini eine Höhle mit einer prähistorischen Zeichnung beschreibt. Dieter steigt aus und findet sie tatsächlich! Als wir kurze Zeit später in der Nähe einer Hausruine unsere Autos parken, bläst der Wind wie verrückt aus verschiedenen Richtungen. An diesem Abend (13.12.) setzen wir uns nicht vor den Wohnmobilen zusammen. Jeder bleibt in seinem Camper und sogar die Türen werden heute zugemacht. Am nächsten Morgen, kurz nach dem Aufstehen um 8 Uhr, zieht eine riesige Ziegenherde über unseren Platz. Ashley ist ganz begeistert und möchte die Tiere beschnuppern. Sie möchten jedoch von ihr nichts wissen und suchen eilig das Weite. Als die Tour dann weitergeht, sind wir erstaunt, dass uns innerhalb kürzester Zeit zwei Autos entgegenkommen (erst ein Landy mit Einheimischen, danach ein Militär-Unimog). So viel Verkehr auf einer Piste ist eher ungewöhnlich. Nach kurzer Zeit geht es steil bergauf. Wir haben einen atemberaubenden Blick auf das zurückliegende Tal. Noch überraschter sind wir jedoch, als wir den Bergrücken (er liegt bei rd. 590 m) erreichen. Vor uns liegt eine riesige Hochebene. Alles flach, keine Bäume weit und breit!

 

Dieter und Ute suchen wieder eine Zeichnung nach Gandinis Koordinaten. Nach mehrmaligen Anläufen werden sie fündig und finden tatsächlich das Bild, das einen Jäger mit einer erlegten Antilope zeigt. Wir fahren weiter zum nächsten Gandini-Wegpunkt, an dem wir heute übernachten. Direkt neben uns steht das Zelt eines jungen marokkanischen Archäologen, der Morgen früh eine Führung für uns machen wird. Die Höhle ist übersät mit Zeichnungen. Dieter und Ute, die schon viel Erfahrung mit prähistorischen Zeichnungen gesammelt haben, sind sehr beeindruckt. Ute meint, dass sie dermaßen gut erhaltene Zeichnungen bisher noch nicht gesehen hat. Nach der Führung geben wir dem jungen Mann etwas Geld für seine Mühe und zwei Päckchen Zigaretten. 

 

Am Abend des 15. Dezember werden wir von Dieter und Ute zu einem Gläschen Sekt gebeten. Wir trinken unseren ersten Alkohol in dem „alkoholfreien“ Marokko. Unser Übernachtungsplatz liegt inmitten einer kleinen Sandwüste, von der sowohl Ashley als auch Drago begeistert sind. Am nächsten

Morgen beim Frühstück zieht eine Kamelherde (diese Mal ohne Führer) an unserem WoMo vorbei. Dieter und Ute sind in der näheren Umgebung wieder auf der Suche nach prähistorischen Malereien. Sie finden unter anderem ein Höhle in der es mehr als 100 Zeichnungen gibt und die in keinem der ihnen bekannten Reiseführer beschrieben wird. Wir fahren gegen 11:30 Uhr los. Nachdem wir einige Kilometer

gefahren sind, kommen wir an einigen Berberzelten vorbei. Dieter steigt aus, um nach Milch und Eiern zu fragen. Leider sind nur die Frauen zu Hause und Dieter hat Pech mit seinen Tauschwünschen (Kleidung gegen Lebensmittel). Wir schaffen es noch über den Pass, der ziemlich steil und schlecht befahrbar ist. Bei M‘Sied macht der Steyr zum 4. mal schlapp (Separ-Filter wieder total verdreckt). Weil es in unmittelbarer Nähe des Dorfes ist und die Kinder sehr nerven (cadeau, stylo, bonjour, ca va), schleppt uns Dieter noch ein kurzes Stück weiter, damit die Diesel-Filterreinigung in Ruhe erfolgen kann.

Wir schlafen kurz vor Tan-Tan auf dem Platz, den wir bereits schon einmal benutzt haben.

 

Heute ist in Tan-Tan Großeinkauf für die nächsten zehn Tage. Der Lebensmittelladen, den Dieter nun schon zum dritten Mal erfolglos anfährt, hat wieder geschlossen. Allerdings brennt Licht und das Gitter ist auch nicht heruntergelassen. Ein junger Mann, der uns warten sieht, kommt auf uns zu und fragt nach, was wir suchen. Wir erklären ihm, dass wir gerne einkaufen würden. Er verspricht uns, den Besitzer zu informieren, wir sollen warten. Dieter wird ungeduldig und meint, dass das nichts wird. Aber als der Brotlieferant Baguette und frische Fladenbrote in das vor dem Laden vorgesehene Gestell füllt, ist Ute überzeugt davon, dass jemand kommt. Und tatsächlich – nach rund 15 Minuten Wartezeit kommt der Betreiber und öffnet für uns seinen Laden. Dieter hat recht, er ist wirklich sehr gut sortiert. Von Nescafé über Küchentücher, Eier und Schweppes gibt es alles, was das Herz begehrt. Dafür ist es etwas schwieriger, in Tan-Tan Wasser zu fassen. Mehrere Tankstellen, die wir anfahren, lehnen es

ab, uns mit Trinkwasser zu versorgen.

 

Wir fahren aus Tan-Tan Richtung Norden und kommen am örtlichen Wasserwerk vorbei. Als wir dort auf den Parkplatz fahren, werden wir sehr freundlich empfangen. Allerdings verstehen die hilfsbereiten Männer unser Problem, dass wir unsere Wassertanks füllen möchten, nicht richtig. Einer geht

weg und wir denken, dass er nachfragt, ob wir mit unseren Trucks ins Werk einfahren dürfen. Er kommt nach kurzer Zeit mit strahlendem Gesicht und drei vollen 5 l-Wasserkanistern zurück. Er erzählt uns ganz stolz, dass dies sehr gutes Trinkwasser sei, und wir nichts dafür zu bezahlen brauchen. WIr bedanken uns höflich, aber unser Wassermangel ist dadurch leider nicht behoben. Wir fahren ein kurzes Stück weiter und kommen zur Kreisverwaltung. Auch dort fragen wir nach Wasser und bekommen die Auskunft, dass wir uns an deren Wassertank bedienen dürfen. Allerdings ist der Wasserdruck, weil das Wasser aus einem Tank kommt, nicht besonders hoch. Ein Security-Mann empfiehlt uns daher, ins

angrenzende Neubaugebiet zu fahren. Dort gäbe es Wasserhähne, die ans Netz angeschlossen wären und daher auch einen entsprechenden Druck vorweisen könnten. Gesagt, getan. Die Arbeiter zeigen uns einen Wasserhahn, den wir anzapfen dürfen, aber der Security-Mann, der hinter uns her gefahren ist, zeigt uns einen anderen, an dem der Druck noch höher ist.

 

Nachdem die Tanks gefüllt sind, fahren wir weiter Richtung LA PLAGE BLANCHE. Der Strand wird in mehreren Reiseführern hochgelobt. Dieter und Ute waren schon mehrfach in früheren Urlauben hier und bestätigen die Schönheit der Landschaft. Wir fahren nicht zu dem offiziellen Stellplatz, der sich noch im

Bau befindet, sondern fahren über eine Piste in Richtung Dünen. Nach einiger Zeit halten wir an. Wir befinden uns in Sichtweite von zwei Militärposten, einer links und einer rechts. Der rechte ist etwa 500 m von uns entfernt, der linke etwa einen Kilometer. Bei ihrem letzten Aufenthalt an dieser Stelle hatten Dieter und Ute noch keine „Nachbarn“. Nachdem wir uns auf dem Platz eingerichtet haben (Campingstühle nach draußen, kühles Getränk in der Hand, kommen zwei Soldaten zu uns. Sie sind sehr freundlich und fragen nach dem Fiche. Kein Problem, wir haben jede Menge dabei. Nach einem kurzen Austausch weisen sie uns darauf hin, dass wir uns, wenn wir Hilfe brauchen, gerne an sie wenden können. Wir fühlen uns zwar nicht bedroht, aber es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass sie uns bei Bedarf unter die Arme greifen werden.

 

Die Internet-/Telefonverbindung ist von sehr schwankender Qualität. Mal volles Netz, mal nur Telefon, mal gar nichts. Wir haben einen tollen Blick aufs Meer, den wir heute aber nicht allzu lange genießen können. Hier am Atlantik wird es abends schnell kühl. Wir weichen noch unsere Wäsche ein, weil für

Morgen ein Waschtag eingeplant ist und verziehen uns recht früh ins Auto. In der Nacht sind auf dem Meer vielfach Lichter zu entdecken, die von Fischerbooten herrühren. Auch am nächsten Morgen sind die Boote bis zum Horizont zu sehen. Im Laufe des Vormittags wird der von uns links gelegene Millitärposten mit Wasser beliefert. Auf dem Rückweg fährt das Wasser-LKW (ein ganz neuer MAN TGS 18480 4x4 mit Wassertank) auch bei uns vorbei und fragt nach, ob wir Bedarf an frischem Wasser haben. Wir nehmen dankend an und lassen uns einige Kanister füllen.

 

Ich backe heute mein erstes Brot im WoMo. Dabei stelle ich fest, dass die beiden Formen, die ich zu Hause zum Brotbacken nutze und mitgebracht habe, nicht zusammen in den kleineren Gasofen passen. Da ich gestern ein zu großes Teigvolumen angesetzt habe, muss ich die beiden Brote hintereinander backen. Das erste geht sehr gut auf, das zweite ist – wahrscheinlich bedingt durch die lange Wartezeit nach dem zweiten Gehen – wieder etwas in sich zusammengefallen. Der Geschmack ist jedoch ok. Ich werde mir für den nächsten Backtermin etwas einfallen lassen müssen, wie ich für die eine Form die Wartezeit überbrücken kann. Vielleicht stelle ich sie einfach für die Dauer der Backzeit des ersten Brotes in den Kühlschrank. Dort wird der Prozess des Gehens hoffentlich durch die Kälte unterbrochen und lässt sich anschließend wieder reaktivieren. Bei Ute und Dieter gibt es heute Kamelgulasch. Wir dürfen davon probieren. Gerhard und ich sind begeistert. Von der Konsistenz und dem Geschmack ähnelt es sehr dem Rindfleisch.

 

Am 19. Dezember fahren wir von La Plange Blanche auf der R101 in Richtung ABTEH. Nachdem wir unseren Stellplatz verlassen haben, fahren wir über die Piste des Wassertankfahrzeugs des Militärs Richtung Straße. Gerhard macht noch ein paar Fotos von der Strandanlage, die sich zwar im Aufbau befindet, aber nach der Fertigstellung sicherlich sehr gut aussehen wird. Auf dem befestigten Stellplatz davor sind zwei WoMos, eins mit einem französischen Kennzeichen und ein Tscheche.

 

Die Straße ist mittlerweile asphaltiert, vor ein paar Jahren war hier alles noch Piste. Wir kommen daher sehr gut vorwärts. Zwischendurch stottert der Steyr wieder mal, aber Gerhard kann ein Öffnen des Filters durch Ablassen des Drecks im Glas vom SEPAR verhindern. Kurz vor ABTEH steht rechts ein Hinweisschild „La Grotta“ und ab jetzt sind wir wieder auf der Piste unterwegs. Auf unserem Weg begegnen wir Militärs in einem Toyota. Sie grüßen freundlich, und wir winken zurück. Nach etwa einer Dreiviertelstunde kommen wir an einem Militärposten an, von dem aus auch die Grotte zu besichtigen ist. Es sind rund zehn Mann hier stationiert, die in zwei Zelten untergebracht sind. Begrüßt werden wir mit einer Tasse marokkanischen Tees. Einer der Männer spricht gut englisch. Er übernimmt die Rolle des Touristenführers. Er erzählt uns, dass er nach seinem Studium zum Militär gegangen ist, mittlerweile den Rang eines Majors bekleidet und seit zehn Jahren für das Militär arbeitet.

 

Die Grotte ist interessant. In den Fels sind im Halbkreis zehn Sitze gemeißelt, die jeweils in der „Lehne“ einen arabischen Schriftzug aufweisen. Die Sitzreihe ist in der Mitte getrennt durch eine größeren „Sitz“, der aber keine Sitzfläche aufweist. Für mich sieht es ein bisschen nach Gerichtssaal aus und als ich nachfrage, wird uns erklärt, dass es sich um einen Gebetsraum handelt. Bei der größeren Öffnung in der Mitte handelt es sich um den Gebetsplatz, der nach Mekka gerichtet ist..Die Inschriften auf den einzelnen Plätzen sind religiöser Natur. Ich erinnere mich noch an die Namen zweier Propheten, Mohammed und Rasul, sowie an den Fastenmonat Ramadan.

 

Als wir nach der Besichtigung beim Zeltplatz angekommen sind, werden wir zum Essen eingeladen. Ute und ich, eher sensibler Natur was Magen und Darm angeht, lehnen dankend ab. Dieter und Gerhard wollen die marokkanische Küche probieren und gehen mit. Es gibt Bohnen-Eintopf mit Fleisch und frischem Fladenbrot. Dieter berichtet während des Essens, dass wir auf der Suche nach Antennengräbern sind. Die Soldaten kennen alle Gräber, die Dieter über Google Earth ausfindig gemacht hat und geben Tipps für die Anfahrt. Die Verabschiedung ist sehr herzlich. Bei der Anfahrt zum nächsten Antennengrab werden wir sogar noch von zwei Soldaten stellenweise begleitet, die uns den Weg weisen. Die Piste ist jetzt nicht mehr so gut befahrbar wie der Weg zu den Soldaten. Tiefe Löcher und Gräben, verursacht durch Starkregen, der nicht gut abfließen kann und die kleinen Hügel der Halbwüste machen das Fahren nicht einfach. Nach einer guten halben Stunde sind wir an einer Stelle angekommen, von der aus wir ein Grab erkunden wollen. Dieter erinnert uns, dass wir auf Skorpione und Schlangen achten müssen. Das Antennengrab ist – aufgrund der Sachkunde von Dieter und Ute – schnell gefunden. Leider ist der Akku von Dieters Handy leer und muss erst aufgeladen werden, bevor er Fotos schießen kann. Wir finden in der Nähe einen Stellplatz auf einem nett mit Steinen angelegten Truppenübungsplatz. Die Militärs von der Grotte können wir etwas entfernt auf einem der Hügel sehen. Wir können also beruhigt unter militärischer Aufsicht schlafen.

 

Am nächsten Morgen (Do., 20.12.) starten wir eine halbe Stunde früher als sonst. Die nächsten Tage sind ausschließlich der Suche nach verschiedenen Antennen- und Nomadengräbern gewidmet, die sich im Umkreis von rd. 40 Kilometern befinden und die wir uns alle ansehen wollen. Wir haben Glück und

finden in den nächsten Tagen alle Gräber, die auf Dieters und Utes Liste verzeichnet sind. Einige der Gräber sind sogar mit Grabbeigaben (Wasserkessel u. ä.) versehen.

 

Die Pisten sind teilweise sehr holprig. Wir fahren an großen Büschen und langgezogenen Dünen vorbei und durchqueren unter anderem ein Oued, in dem sich aktuell noch ein schmaler Wasserstreifen befindet. Mit Sand werden die Ein- und Ausfahrt unter Zuhilfenahme von Schaufel und Eimer „befestigt“, damit die Durchfahrt besser klappt. Ute und ich steigen aus, damit wir alles mit dem Foto festhalten können. Dieter findet wieder einen ausgezeichneten Stellplatz, der völlig abgeschieden ist. Am Morgen herrscht totaler Nebel. Eine Weiterfahrt ist so unmöglich. Aber gegen 11:30 Uhr hat sich der Nebel so weit gelichtet, dass wir starten können. Die Nächte sind im allgemeinen sehr ruhig. Wir schlafen inmitten von Sanddünen. An einem der Schlafplätze sind wir morgens von einer riesigen Ziegenherde umgeben. Sie wird von einer Frau, die zu Fuß unterwegs ist und einem Mann, der mit einem Toyota hinterher fährt, begleitet. Dieter nutzt die Gelegenheit und holt sich frische Ziegenmilch, die sogar noch warm ist

 

Heute gelangen wir nach einiger Zeit über Sand- und Geröllpisten auf eine geschobene Straße und kommen gut voran. Der Wind hat zugenommen und weht die Sandkörner über die Straße. Der Steyr stottert mal wieder und geht dann ganz aus, aber Gerhard und öffnen und reinigen den Filters vom SEPAR wieder und lässt den Drecks im Glas ab. Dieter findet am späten Nachmittag einen geschützten Schlafplatz zwischen zwei Hügeln.

Abbruch und 4000 Km zurück.

 

Am Sonntag, 23.12., nehmen sich Dieter und Gerhard die Tanks des Steyr vor, um zu ergründen, warum der Dieselfilter so häufig gewechselt bzw. ausgewaschen werden muss. Der Diesel aus dem Haupttank wird ausgepumpt in leere 5 Liter Trinkwasserkanister. Schon nach kurzer Zeit nach dem der Tank ausgebaut ist, lässt sich die Diagnose „Dieselpest“ und „verunreinigtes Diesel“ ausschließen. Aber was ist die Ursache? Bei der Untersuchung des Haupttanks (derjenige, der mit dem Motor verbunden ist und in den die Inhalte der anderen beiden Tanks jeweils gepumpt werden) werden die beiden fündig. Die Beschichtung der Innenwände des Tanks löst sich nach und nach ab und verursacht so den Schmodder, der andauernd den Filter verstopft. Das ist sehr ärgerlich, weil dieser Tank nicht umgangen werden kann, siehe oben! Was also tun? Dieter schlägt vor, das Saugrohr der Zuleitung soweit zu kürzen, dass das Ansaugrohr nur noch bis zur Mitte des Tanks reicht und nicht mehr bis zum Boden. So kann vermieden werden, dass die Beschichtungspartikel, die sich am Boden absetzen, nicht mehr angesaugt werden. Es hat aber auf der anderen Seite zur Folge, dass wir künftig nur noch einen halben Tank zur Verfügung haben und den Kilometerstand inkl. Verbrauch genau im Blick halten müssen, um bei halbleerem Tank sofort umzupumpen. Dies erscheint uns allerdings als das kleinere Übel, denn in den letzten Tagen mussten wir etwa alle 50 km den SEPAR reinigen. Das ist beim Steyr sehr aufwändig, denn dazu muss jedes Mal das Fahrerhaus halb gekippt werden. Insgesamt verursacht das einen Zeitaufwand von einer guten Stunde pro Reinigung.

 

Aufgrund der Tatsache mit dem verunreinigten Tank, der immer wieder Schwierigkeiten machen würde und zusätzlich aufgetretener privater Angelegenheiten, die unsere Anwesenheit in Deutschland erforderlich machen, entschließen wir uns, die Reise nach Mauretanien abzubrechen. Bis kurz vor SMARA in der Westsahara sind wir gekommen. Gegen 15 Uhr verabschieden wir uns von Dieter und Ute. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen und der Abschied fällt uns schwer. Aber Gerhard möchte die nächsten zwei Stunden noch nutzen, um „Kilometer zu machen“, zumal unser Übernachtungsplatz dieses Mal wohl in unmittelbarer Nähe einer Teerstraße liegt und wir dadurch schnell auf einer guten und schnellen Route in Richtung Norden sind. Wir schlafen auf dem Weg nach Norden ca. 100 km vor GUELMIN zwischen zwei Bergrücken einige hundert Meter von der Straße auf freiem Feld.

 

Von Guelmin sind wir sehr angenehm überrascht. Es ist eine sehr schöne Stadt, die nicht so „chaotisch“ ist wie andere Städte, die wir besucht haben. Die Einheimischen nutzen hier das Trottoir und auch Ampeln werden respektiert. Wir treffen auf keine entgegenkommenden Fahrzeuge auf der falschen Straßenseite. Es macht alles einen sehr geruhsamen Eindruck. Bei der Weiterfahrt kommen wir jedoch in üble Windverhältnisse. Sandaufwirbelungen, die die Sicht erschweren und klappernde Sandbleche sind über die nächsten zweihundert Kilometer unsere ständigen Begleiter. Wir erinnern uns an Dieters

Spruch: „Regen und Wind in Marokko sind große Scheiße!“. Mit dem Wind hat er auf jeden Fall recht, einen deftigen Regen haben wir bisher, außer im Rif-Gebirge auf der Hinfahrt, noch nicht

kennengelernt …

 

Wir gelangen in die Provinz TIZNIT. Hier ist alles sehr grün, es gibt Gewächshäuser rechts und links der Straße. Ein Taxifahrer hält auf der vierspurigen (Land-)Straße auf der rechten Spur einfach an und klopft seine Fußmatten aus, Ziegen- und Schafherden laufen quer über den Fahrweg. Ab Agadir suchen

wir gegen Abend einen Campingplatz. Etwa fünfzehn Kilometer hinter der Stadt finden wir einen riesigen Campingplatz direkt am Meer, dessen einzelne Stellplätze durchweg auch sehr groß sind. Selbst mit unserem Fahrzeug fühlen wir uns nicht eingeengt. Weil heute Heiligabend ist, möchten wir gerne essen gehen. Dem Campingplatz angeschlossen ist ein nettes Restaurant, mit Blick aufs Meer und

einer umfangreichen Speisekarte. Wir entscheiden uns für eine gemischte Fischplatte (Gerhard) und ein Filetsteak mit Pfeffersauce (ich). Der Besitzer ist Spanier und so dauert es nicht lange, und wir haben eine Auswahl von Tapas auf der blütenweißen Tischdecke stehen. Dazu gibt es frisch gebackenes Fladenbrot. Es schmeckt alles so lecker, dass wir fast keinen Hunger mehr haben, als unser eigentliches Essen kommt. Aber es sieht so appetitlich aus, dass wir auch bei der Hauptspeise zuschlagen. Gerhard hatte sich auf das Dessert gefreut, verzichtet jedoch, nachdem die beiden ersten Gänge so üppig ausgefallen sind. Wir genehmigen uns daher nur noch einen obligatorischen Café Noro und gehen danach zu unserem Steyr zurück. Die Nacht ist angenehm und ruhig.

 

Am nächsten Morgen holen wir uns in dem Lebensmittelladen am Campingplatz frisches Brot und Obst, insbesondere Bananen, da Agadir als die Bananen-Stadt bekannt ist. Die Bananen sind ziemlich klein, vergleichbar mit den bei uns erhältlichen Kochbananen. Der Geschmack ist unvergleichlich! Selbst wenn die Bananen von außen schon leicht braun sind und sie in Deutschland kein Mensch mehr kaufen würde, sind sie innen fest und überhaupt nicht matschig. Nach dem Frühstück fahren wir weiter Richtung Norden. Kurz vor TAMRI fährt uns ein entgegenkommendes, französisches Wohnmobil den Spiegel auf der Fahrerseite ab. Ein unter dem Spiegel befestigter Rückfahr-Scheinwerfer wird dabei abgerissen und fliegt in Gerhards Seitenscheibe, die sofort total zersplittert. Das Wohnmobil bleibt jedoch nicht stehen, sondern der Fahrer fährt ungerührt weiter in Richtung Süden. Jetzt ist guter Rat teuer. Wie sollen wir das Fenster abdichten? Mir fällt ein, dass wir Vakuumierfolie dabei haben, um Fleisch und andere frische Lebensmittel einzufrieren. Wir schneiden die Folie zu, überkleben die Ränder mit Nato-Klebeband und haben so zumindest einen Schutz gegen den Wind, der Gott sei Dank heute nicht so stark bläst.

 

In einem der kleinen Dörfer, durch die wir heute fahren, rettet Gerhard einen kleinen Hund, der uns direkt vor das Auto läuft und die Straße überqueren will. Gerhard steigt voll in die Bremsen und bringt den Steyr rechtzeitig zum Stehen. Der kleine Junge, dem er gehört, strahlt über das ganze Gesicht, als er sieht, dass seinem Liebling nichts passiert ist. In OUNAGHA fahren wir an herrlichen Villen vorbei. Wir übernachten heute in einer Art Steinbruch hinter TALMESI, vor dem Oued Tensift. Zwei nette Männer gestatten uns, hier zu nächtigen. Kaum ist Ashley draußen, kommt eine Hündin angelaufen, die sie permanent bedrängt. Sie gehört aber nicht zu dem Grundstück und wird von den Männern mit Steinen beworfen, um sie zum Weglaufen zu bewegen. Kurz darauf machen die Männer Feierabend und verlassen das Gelände. Die Hündin ist sofort wieder da und Gerhard gibt ihr etwas von Ashleys Hundefutter ab. Sie macht sich ausgehungert darüber her. Später kommen weitere Hunde und ein Esel dazu. Es gibt ein bisschen Remmi-Demmi unter den Hunden, aber gegen 23 Uhr verschwinden alle Tiere wie auf Kommando und es kehrt Ruhe ein.

 

Am nächsten Morgen, 27.12., geht es weiter Richtung CASABLANCA. Inzwischen haben wir die Landstraßen verlassen und fahren auf der Autobahn. An einer Raststätte holt sich Gerhard ein türkisches Sandwich mit pommes, dazu zwei Café Noir und 2 x 0,33 l Wasser für 45 Dirham (4,50 Euro). Bei der Weiterfahrt sehen wir eine Frau, die mit einer Sichel Gras direkt an der Autobahn schneidet. Eigentlich unverständlich – das Land ist so weitläufig, dass sie das sehr gut auch ein Stück weiter im freien Feld machen könnte. Aber wir treffen auch auf etliche Spaziergänger. Merkwürdig – bei uns in Deutschland käme kein Mensch auf die Idee, neben einer Autobahn einen Spaziergang zu machen. Aber es kommt noch besser. Etwa einen Kilometer vor der Autobahnausfahrt nach FES in nördlicher Richtung finden wir Händler direkt an der Autobahn. Und es gibt etliche Einheimische, die mit ihren Autos anhalten und Einkäufe tätigen!

 

Kurz vor RABAT treffen wir auf ein Feld mit Störchen. Weiter geht es, vorbei an Pinien- und Eukalyptuswäldern Richtung TANGER. In dieser Nacht wollen wir die Autobahn nicht verlassen, sondern auf einem Rastplatz schlafen. Wir suchen uns eine Ecke aus, die etwas abseits und damit auch ruhig liegt. Plötzlich um 22:45 Uhr umringt uns ein großes Polizeiaufgebot: zwei Autos mit Blinklicht und fünf Polizisten drängen sich um den Steyr. Sie klopfen an die Tür und als Gerhard öffnet, erklären sie uns, dass dieser Platz sehr unsicher sei und gewechselt werden müsse. Unsere Pässe möchten sie nicht sehen. Es gehe lediglich um unsere Sicherheit. Wir versuchen zu argumentieren, dass es hier relativ ruhig sei und wir keine Angst hätten, aber das ist zwecklos. Mit Polizeieskorte und laufendem Blaulicht werden wir entgegen der auf dem Rastplatz befindlichen Einbahnstraße auf einen Parkplatz gelotst, der angeblich sicher ist, da er sich im Blickfeld der Raststätten-Security befindet.

 

Als wir uns gerade wieder schlafen gelegt haben, klopft um 23:15 Uhr die Security und macht uns darauf aufmerksam, dass die Dieselumfüllpumpe läuft. Gerhard hatte sie beim Umparken versehentlich angestellt. Jetzt bin ich endgültig wach. Ich bleibe bis um zwei Uhr auf und versuche danach, noch einmal einzuschlafen. Da wir nun auf dem Rastplatz direkt an der Zufahrt zur Autobahn stehen und jedes Auto, das zurück auf die Autobahn fährt, an uns vorbei muss, ist es sehr unruhig und laut. Wir stehen gegen sechs Uhr auf (auch für Gerhard kein Problem bei dem Lärm) und fahren gegen acht Uhr los. Bei der Ankunft gegen 10:30 Uhr in TANGER MED erhalten wir im Hafen die Auskunft, dass wir mit der Fähre um 13 Uhr zurückfahren können. Laut unserem Fahrplan sollte das Schiff zwar um 12 Uhr ablegen, aber auf die eine Stunde kommt es nicht an. Wir wollen in ALGECIRAS, eine Carglass-Werkstatt aufsuchen und die Folie in der Seitentür für die Rückfahrt nach Deutschland durch eine Plexiglasscheibe ersetzen lassen. Die spanische Adresse haben wir uns bereits übers Internet besorgt.

 

Das Finden der Werkstatt in Algeciras ist nicht einfach. Sie befindet sich zwar direkt neben einer Art Autobahn, die durch die Stadt führt, aber auch inmitten der Altstadt und damit inmitten von kleinen Gässchen und Einbahnstraßen. Nachdem wir endlich eine Zufahrt gefunden haben, sind wir überglücklich. Das Glückgefühl hält aber nicht allzu lange an. Der Inhaber erklärt uns kurz und bündig, dass er uns keine Plexiglasscheibe einbaut. Erklärungen will er dazu nicht abgeben. Sein netter Mitarbeiter, der uns nach der Einfahrt auf dem Hof begrüßt hatte und der auch – vor der Absage durch

seinen Chef - bereit war, die „Übergangsreparatur“ durchzuführen, erläuterte uns, dass es seit kurzem in Spanien Versicherungsbestimmungen gäbe, die die Werkstatt haftbar machen würde, wenn das Provisorium zu einem Unfall führe, z. B. wenn sich das Plexiglas durch sehr starken Wind löse und einem entgegen kommenden Auto in die Windschutzscheibe flöge. Aus diesem Grund riet er uns davon ab, eine weitere Carglass-Niederlassung in Spanien aufzusuchen, auch wenn die Abdeckung von Carglass-Werkstätten in Spanien sehr gut sei. Letztendlich hätten aber alle die die gleichen Vorgaben. Also nichts mit neuer Scheibe, sondern weiter mit der Folie …

 

Wir fahren bisher noch nicht auf der Autobahn und schlafen an diesem ersten Abend auf spanischem Boden auf einem freien Stellplatz in den Bergen kurz vor RONDA. Am nächsten Morgen geht es auf die gebührenfreie A-7. Es herrscht ziemlich viel Verkehr. Wir fahren an endlos langen Olivenplantagen vorbei. In der Gegend um RIOFRIO fällt mir eine Eigenart der Olivenpflanzung auf, die mir bisher nicht bewusst war. Es stehen immer mindestens zwei Bäume ganz dicht beisammen, manchmal sogar drei. Ob die Landwirte damit den vorhandenen Platz besser ausnutzen wollen? Oder sagen sie sich, wenn ein Baum nicht angeht, ist noch der andere da? Bei GRANADA sehen wir in der Ferne schneebedeckte Berggipfel. In CHRIVEL fahren wir ab und verbringen die Nacht auf einem ausrangierten Fußballfeld. Ein besorgter Bürger dreht mit seinem Fahrrad eine Runde auf dem Platz, kurz nachdem wir angekommen sind. Gerhard ist mit Ashley draußen und fragt ihn, ob etwas dagegen spricht, dass wir die Nacht hier

verbringen. Er verneint und so haben wir einen traumhaften Stellplatz in absolut ruhiger Lage.

 

Am nächsten Tag sind wir nach dem Frühstück kaum auf der Autobahn, als es zu einem Stau kommt. Ein marokkanischer Kleinbus und zwei PKW sind in einen Unfall verwickelt. Mandarinen rollen über die Straße und der Inhalt des Buses ist quer über die Fahrbahn verstreut. Bei MURCIA treffen wir auf einen

Friedhof, der sich direkt unter der A-7 befindet. Weiter geht es in Richtung ALICANTE. Rechts und links der Autobahn bestaunen wir riesige Mandarinen- und Orangenplantagen. Auf der A-31 geht es von EIX Richtung VILLENA bzw. VALENCIA. Es scheint die „Burgen-Autobahn“ zu sein, denn alle paar Kilometer thronen trutzige Burgen über Wäldern oder im bergigen Hinterland. Zwischendurch fahren wir ab zum Einkaufen. Direkt neben dem Supermarkt „family cash“ befindet sich ein mongolisches Restaurant, das zum Mittagsbuffett für 14,90 € einlädt. Der Einkauf ist o.k., das Essen weniger. 85 % der angebotenen Speisen sind kalt, als wir an unserem Tisch angekommen sind und der Geschmack lässt auch zu wünschen übrig. Keine Empfehlung für den „Mongolian Wok“, wie das Restaurant heißt!

 

Kurz nach Valencia fahren wir auf die AP-7. Hier müssen wir zwar bezahlen, aber dafür lässt ab sofort der Verkehr spürbar nach, die einzelnen Abfahrten liegen weiter auseinander und die Rastplätze sind sauberer. Dafür ist das Schlafen sehr unruhig. Einige Brummi-Fahrer nutzen auch die weniger befahrenen Bezahl-Autobahnen und unsere Raststätte kurz vor TORREBLANCA ist anscheinend ein Treffpunkt für Tiefkühl-LKWs. Innerhalb von kurzer Zeit stehen rund um unser WoMo fünfzehn Stück davon! Alle lassen ihre Aggregate auf vollen Touren laufen, denn die Ware darf nicht verderben. Nicht so lustig für uns, denn wir finden in der Nacht keine Ruhe.

 

Am 29.12. geht es relativ früh weiter in Richtung Frankreich. Nach der unruhigen Nacht wollen wir schnell los. Die Burgen auf sanften Hügeln begleiten weiterhin unseren Weg. Plötzlich setzt sehr starker Wind ein. Er kommt allerdings nicht vom Meer, sondern von der Landseite. Die Folie knattert ziemlich laut, Gespräche sind nur noch möglich, wenn wir uns anschreien. Als der Seitenwind in Gegenwind dreht, sackt der Tacho des Steyrs innerhalb von Sekunden von 80 km/h auf 60 km/h. Der Sturm ist richtig heftig und reißt nicht ab. Die ganze Nacht hindurch rüttelt er am WoMo. Obwohl wir einen ruhigen Stellplatz auf einer Raststätte finden, ist es kein erholsamer Schlaf. Wir nicken etwas ein, aber im nächsten Moment knattert oder pfeift der Wind rund um den Steyr und wir schrecken wieder auf. Wir sind froh, als es hell wird und wir weiterfahren können.

 

Heute schaffen wir es bis Frankreich. Die „Gelbwesten“ sind im Einsatz und am Grenzübergang kommt es zu einem kleinen Stau, der uns aber höchstens zehn Minuten kostet. Wir übernachten auf einem ACSI-Campingplatz in Sales-sur-le-Chateau. Er hat einen eindrucksvollen Baumbestand (viel Schatten für Sommergäste) und große Stellplätze. Es sind wenig Besucher da und wir dürfen uns einen Platz aussuchen. Erst später fällt uns auf, dass der Platz in der Nähe der Autobahn liegt. Die ganze Nacht über hören wir Fahrgeräusche – nicht besonders laut, aber dafür stetig. Nach den Schlaferlebnissen der vorhergehenden Nacht aber dennoch ok. Oder wir sind heute so müde, dass uns der Lärm nichts ausmacht …

 

Vor der Auffahrt auf die Autobahn Richtung LYON holen wir uns beim Bäcker noch zwei Stangen Baguette. Es sind 18° C, für uns von Vorteil, weil es im Fahrerhaus jetzt in der Nacht schon recht frisch wird, mit der Folie im Fenster. Wir sind wieder mal in einer zugigen Ecke. Die Hinweisschilder auf der

Autobahn, die auf Starkwind verweisen, sind in mehreren Sprachen, auch in Deutsch, abgefasst. In der Gegend um NARBONNE nimmt der Wind noch zu, die Bäume liegen gestreckt im Wind. Obwohl wir auf einer „Bezahl“-Autobahn unterwegs sind, sind heute die Schranken offen und wir können durchfahren, ohne eine Gebühr zu entrichten. Ist das wegen Silvester? Oder haben die „Gelbwesten“ ihre Hand im Spiel, die auch heute wieder unterwegs sind?

 

Bei AVIGNON legt der Wind noch einmal zu. Gerhard hält teilweise die Folie mit der Hand fest, weil er fürchtet, dass der Wind sie zerreißt. Wir haben daher die A9 mit dem Titel „Straße des Windes“ versehen. Als wir auf die A7 wechseln, lässt der Wind etwas nach. Kurz darauf nimmt er jedoch die gleichen Ausmaße wie vorher auf der A9 an. Silvester feiern wir auf dem Campingplatz von LA ROCHE DE GLUN. Er liegt inmitten eines Flusses. Rundum ist  ein Wall aufgeschüttet, so dass die Fahrzeuge windgeschützt stehen können. Die Franzosen sind sehr diszipliniert, was das Feuerwerk angeht. Wir hören einen Kracher gegen 21 Uhr und danach geht es erst pünktlich um 24 Uhr los. Um Viertel nach zwölf ist alles vorbei. Und für uns das Schönste: Ashley hat dadurch nur eine Viertelstunde Panikstimmung. Am nächsten Morgen finden wir bei der Rückfahrt durch das Dorf keinen einzigen Feuerwerkskörper auf der Straße. Alles ist sauber und aufgeräumt, als ob Silvester und Feuerwerk nie stattgefunden hätten.

 

An einer AVIA-Tankstelle machen wir eine Erfahrung, die für uns neu ist: Unsere Scheckkarte wird lt. Quittung mit 149 € belastet, obwohl wir nur für 146,88 € getankt haben. Da die Tankstellen in Frankreich nicht besetzt sind, können wir leider nicht nachfragen, wofür der Mehrbetrag erhoben wird.

Das Bezahlen am Kaffeeautomaten gestaltet sich als schwierig. Gerhard braucht etwa zehn Minuten, weil er seinen Kaffee mit Geld und nicht mit Karte zahlen will. Sehr merkwürdig, zumal der Automat Geld als Zahlungsmittel anbietet. Insgesamt haben wir festgestellt, dass insbesondere Frankreich ohne Karte schwierig zu bereisen ist. Egal wo du dich befindest, auf dem Campingplatz, einer Raststätte, einer Tankstelle oder der Schranke für die Autobahngebühr: Ohne Karte bist du aufgeschmissen, denn Geld wird an vielen Stellen gar nicht oder nur sehr ungern angenommen. Am besten man hat noch eine Ersatzkarte dabei, falls die Originalkarte unterwegs kaputt geht oder der Magnetstreifen – aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr lesbar ist.

 

Unser Stellplatz für die Nacht vom 01. Januar ist am Quai von BAUME-LES-DAMES, sehr schön ruhig gelegen, toll auch für Hunde, weil es wunderbare Spazierwege gibt. Eine Mitarbeiterin der Stadt sammelt abends die Gebühren ein und wir bezahlen 11,20 € für die Nacht. Duschen, Wasser und Strom gehen extra, aber da wir alles an Bord haben, müssen wir auch nicht dafür zahlen. Brötchenservice gibt es leider nur von 15. April bis 15. Oktober, so dass wir am nächsten Morgen zum etwa 1,5 km entfernten Supermarkt fahren. Gerhard hat sogar dunkles Brot gefunden (ein Geschmackserlebnis nach dem ganzen Weißbrot in den vergangenen Wochen!), das beim Aufschneiden ein riesiges Loch in der Mitte hat. Egal, geschmeckt hat es trotzdem. Wir frühstücken direkt auf dem Parkplatz und fahren von da aus bei strahlend blauem Himmel, viel Sonne und gaaaanz wenigen Wolken direkt auf die Autobahn. Die Temperaturen gehen trotz Sonne in den Keller, d.h. ab dem 2. Januar sitzen wir bei teilweise 8° C in der Fahrerkabine. Ashley hat es hinten im Koffer warm, aber die warme Luft reicht nicht aus, um auch vorne entsprechend einzuheizen.

 

Deutschland hat uns wieder! Bei Mühlhausen fahren wir über die Grenze. Es ist jetzt durchgehend kalt und nicht sehr angenehm während unserer Fahrzeiten. Der Himmel ist bewölkt und das Grau trägt nicht unbedingt dazu bei, die Stimmung aufzuhellen. Die letzte Übernachtung unserer Fahrt ist auf einem

Stellplatz in Ettlingen. Hier teilen sich unsere Meinungen: Gerhard findet den Platz gar nicht so schlecht, ich würde ihn nicht mehr ansteuern. Der Platz liegt zwar in einer Wohngegend, dennoch waren die ganze Nacht über Rangiergeräusche von ankommenden (bis zwei Uhr nachts) und abfahrenden (ab fünf Uhr früh) Wohnmobilen bzw. PKW mit Wohnanhängern zu hören. Ich bevorzuge unter diesem Aspekt sogar einen Campingplatz, bei dem in der Regel ab 20 Uhr Platzruhe ist und morgens vor 10 Uhr keine neuen Gäste einfahren können.

 

Am 03.01. kommen wir in Hattersheim an. Wir sind ziemlich geschlaucht und freuen uns, dass wir wieder daheim sind.